Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 25.05.2020
Bruttoinlandsprodukt, 1. Quartal 2020
- -2,2 % zum Vorquartal (preis-, saison- und kalenderbereinigt
- -1,9 % zum Vorjahresquartal (preisbereinigt)
- -2,3 % zum Vorjahresquartal (preis- und kalenderbereinigt)
Die Corona-Pandemie trifft die deutsche Wirtschaft stark. Wie das Statistische Bundesamt bereits in seiner Pressekonferenz und Schnellmeldung am 15. Mai 2020 mitgeteilt hatte, ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 1. Quartal 2020 gegenüber dem 4. Quartal 2019 – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 2,2 % gesunken. Das war der stärkste Rückgang seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und der zweitstärkste Rückgang seit der deutschen Vereinigung. Lediglich im 1. Quartal 2009 war der Rückgang mit -4,7 % zum Vorquartal noch stärker. Obwohl die Ausbreitung des neuen Coronavirus die Wirtschaftsleistung im Januar und Februar nicht wesentlich beeinträchtigte, sind die Auswirkungen der Pandemie damit bereits für das 1. Quartal 2020 gravierend.
Bauinvestitionen und Staatskonsum verhindern stärkeren Rückgang
Bedingt durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen konsumierten die privaten Haushalte im 1. Quartal 2020 sehr viel weniger als im 4. Quartal 2019: Die privaten Konsumausgaben waren im Vergleich zum Vorquartal (preis-, saison- und kalenderbereinigt) 3,2 % niedriger. Die Investitionen in Ausrüstungen – also vor allem in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge – gingen sogar um 6,9 % zurück. Stabilisierend wirkten die Bauinvestitionen und die Konsumausgaben des Staates. Sie verhinderten einen noch stärkeren Rückgang des BIP. Während der Staat seine Konsumausgaben gegenüber dem Vorquartal um 0,2 % erhöhte, wurde in Bauten mit 4,1 % deutlich mehr investiert als im 4. Quartal 2019.
Auch die außenwirtschaftliche Entwicklung war im 1. Quartal 2020 rückläufig: Nach vorläufigen Berechnungen wurde preis-, saison- und kalenderbereinigt 3,1 % weniger exportiert als im 4. Quartal 2019. Dem Rückgang der Warenausfuhren von -4,0 % stand ein leichter Anstieg der Dienstleistungsexporte gegenüber (+0,7 %). Die Importe von Waren und Dienstleistungen gingen um 1,6 % zurück.
Bruttoinlandsprodukt bricht auch im Vorjahresvergleich ein
Auch im Vorjahresvergleich ist die Wirtschaftsleistung eingebrochen: Das BIP war im 1. Quartal 2020 preisbereinigt 1,9 % niedriger als ein Jahr zuvor, kalenderbereinigt 2,3 %. Nur in den Jahren der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 hatte es stärkere Rückgänge gegenüber einem Vorjahresquartal gegeben, den stärksten mit -7,9 % im 2. Quartal 2009 (kalenderbereinigt mit -6,9 % im 1. Quartal 2009).
Erwerbstätigkeit im 1. Quartal 2020 mit deutlich abgeschwächter Dynamik
Die Wirtschaftsleistung wurde im 1. Quartal 2020 von rund 45 Millionen Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland erbracht. Das waren 147.000 Personen oder 0,3 % mehr als noch ein Jahr zuvor. Einen so niedrigen Zuwachs gegenüber einem Vorjahresquartal hatte es zuletzt im 2. Quartal 2010 gegeben. Die Corona-Pandemie hat sich somit im 1. Quartal 2020 nur verhalten in der Zahl der Erwerbstätigen niedergeschlagen, auch weil Kurzarbeitende als Erwerbstätige zählen.
Der Anstieg der Kurzarbeit in der zweiten Märzhälfte hatte dagegen deutliche Auswirkungen auf die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen: Diese verringerte sich nach ersten vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit im 1. Quartal 2020 deutlich um 1,7 % gegenüber dem Vorjahr. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen – also die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden aller Erwerbstätigen – ging entsprechend im selben Zeitraum um 1,3 % zurück.
Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität – gemessen als preisbereinigtes BIP je Erwerbstätigenstunde – ging nach vorläufigen Berechnungen gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,6 % zurück. Je Erwerbstätigen war sie um 2,2 % niedriger als im 1. Quartal 2019.
Geringere Nachfrage aus dem In- und Ausland gegenüber dem Vorjahr
Auch im Vorjahresvergleich gab es deutlich weniger Nachfrage aus dem In- und Ausland. Die Investitionen in Ausrüstungen brachen ein (-9,2 %). Die privaten Konsumausgaben gingen im Vergleich zum Vorjahr preisbereinigt um 2,2 % zurück. Dagegen stützten die staatlichen Konsumausgaben mit einem Plus von 2,2 % die Wirtschaft. Die Bauinvestitionen waren um 4,8 % höher als im 1. Quartal 2019. Besonders stark war der Anstieg bei den Bauinvestitionen des Staates, vor allem in den öffentlichen Tiefbau.
Von der Auslandsnachfrage gab es keine positiven Impulse: Nach vorläufigen Berechnungen wurden im 1. Quartal 2020 preisbereinigt 3,2 % weniger Waren und Dienstleistungen ins Ausland exportiert als im 1. Quartal 2019. Die Importe gingen im selben Zeitraum mit 1,7 % nicht ganz so stark zurück.
Bruttowertschöpfung entwickelt sich zweigeteilt
Auf der Entstehungsseite des BIP gab es im 1. Quartal 2020 gegenüber dem 1. Quartal 2019 in den einzelnen Wirtschaftsbereichen unterschiedliche Entwicklungen. Im Verarbeitenden Gewerbe setzte sich die Abwärtsbewegung des vergangenen Jahres fort. Mit einem Einbruch der Bruttowertschöpfung um 6,4 % ist der Rückgang aber noch weit von den zweistelligen Rückgängen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 entfernt. Ähnliches gilt für die Unternehmensdienstleister, deren Wirtschaftsleistung um 1,2 % zurückging. Deutlich im Minus war zudem der Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr (-3,0 %). Dagegen gab es im Baugewerbe ein kräftiges Plus gegenüber dem Vorjahr von 4,0 %. Positiv entwickelten sich auch der Bereich Information und Kommunikation (+1,5 %) sowie die Finanz- und Versicherungsdienstleister (+1,4 %). Insgesamt ging die preisbereinigte Bruttowertschöpfung um 1,8 % zurück.
Volkseinkommen etwa auf Vorjahresniveau
In jeweiligen Preisen gerechnet war sowohl das BIP als auch das Bruttonationaleinkommen im 1. Quartal 2020 um 0,5 % höher als ein Jahr zuvor. Das Volkseinkommen blieb in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (+0,1 %), was an gegenläufigen Entwicklungen der beiden Komponenten lag: Während das Arbeitnehmerentgelt (Bruttolöhne und -gehälter zuzüglich Sozialbeiträge der Arbeitgeber) um 2,4 % zunahm, gingen die Unternehmens- und Vermögenseinkommen nach ersten vorläufigen Berechnungen um 5,1 % zurück. Die Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lagen 2,5 % über dem Niveau des 1. Quartals 2019, die Nettolöhne und -gehälter 2,6 %. Im Durchschnitt je Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer stiegen die Löhne und Gehälter weniger stark (brutto +1,8 %, netto +2,0 %), da auch die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vergleich zum Vorjahresquartal weiter zunahm (+0,6 %). Während sich das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte um 2,1 % erhöhte, gingen die privaten Konsumausgaben in jeweiligen Preisen um 0,6 % zurück. Daraus ergibt sich nach vorläufigen Berechnungen eine entsprechend hohe vierteljährliche Sparquote von 16,7 %.