Umsatzsteuer - 3. November 2020

Um­satz­steu­er­li­che Behandlung von Ein­zweck- und Mehr­zweck-Gut­scheinen – Gut­schein-Richt­li­nie (EU) 2016/1065 vom 27. Ju­ni 2016 – Ge­setz zur Ver­mei­dung von Um­satz­steu­er­aus­fäl­len beim Han­del mit Wa­ren im Internet und zur Än­de­rung wei­te­rer steu­er­li­cher Vorschrif­ten vom 11. April 2018

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7100 / 19 / 10001 :002 vom 02.11.2020

Der Europäische Rat hat am 27. Juni 2016 die Richtlinie (EU) 2016/1065 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen verabschiedet (ABl. L 177 vom 1. Juli 2016, S. 9; im Folgenden: Gutschein-Richtlinie). Mit der Gutschein-Richtlinie werden spezielle Vorschriften für die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen in die MwStSystRL eingefügt.

Gutscheine nehmen im stationären Handel – wie im Online-Vertrieb – eine bedeutende Position ein. Mit den neuen Vorschriften soll zukünftig eine einheitliche steuerliche Behandlung von im Binnenmarkt gehandelten Gutscheinen gewährleistet werden. Die Gutschein-Richtlinie soll insbesondere der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sowie der Vermeidung der Doppel- oder Nichtbesteuerung dienen. Diese Vorschriften sollen aber nur Gutscheine betreffen, die zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen verwendet werden können.

Bei Gutscheinen wurde bisher im Umsatzsteuerrecht zwischen Wertgutscheinen und Waren- oder Sachgutscheinen unterschieden. Während Wertgutscheine über einen bestimmten Nennbetrag bei dem ausstellenden Händler gegen eine beliebige Ware oder Dienstleistung eingetauscht werden konnten, bezogen sich Waren- oder Sachgutscheine auf eine konkret bezeichnete Ware oder Dienstleistung.

Die Ausgabe eines Wertgutscheins wurde lediglich als Tausch von Zahlungsmitteln behandelt und stellte selbst keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar. Die Umsatzsteuer entstand erst im Fall der Einlösung des Wertgutscheins und damit bei Ausführung des konkreten Umsatzes.

Bei Waren- oder Sachgutscheinen ist der Bezug zu der im Gutschein bezeichneten Leistung bereits bei Ausgabe des Gutscheins gegeben. Daher stellte der bei Erwerb eines Warengutscheins gezahlte Betrag eine Anzahlung auf die bezeichnete Leistung dar, die der Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG unterlag.

Mit Gesetz vom 11. April 2018, BGBl. I S. 2338, wurden die Artikel 30a, 30b sowie 73a MwStSyStRL durch die Einführung des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG mit Wirkung zum 1. Januar 2019 in nationales Recht umgesetzt. Auf die Erwägungsgründe der Gutschein-Richtlinie sowie die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG wird hingewiesen (Seite 58 der BT-Drucksache 19/4455). Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist, ob bei dem Gutschein die Verpflichtung besteht, ihn als Gegenleistung – ganz oder teilweise anstelle einer regulären Zahlung – für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von sonstigen Leistungen anzunehmen. Das Gesetz sieht ebenso wie die Gutschein-Richtlinie per Definition Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine vor.

Insbesondere die Gutscheine, die den Inhaber nur zu einem Preisnachlass oder einer Preiserstattung (vgl. Abschnitt 17.2 UStAE) berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten, sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Briefmarken, Fahrscheine, Eintrittskarten für Kinos und Museen sowie vergleichbare Instrumente fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 14 und 15 UStG, da in diesen Fällen bereits über die bloße Annahmeverpflichtung hinausgehende Ansprüche bestehen und es sich hierbei vorrangig um Zahlungsnachweise handelt.

I. Änderung des Anwendungserlasses

(…)

II. Anwendung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 ausgestellt werden.

Es wird – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn ab dem 1. Januar 2019 und vor dem 2. Februar 2021 ausgestellte Gutscheine von den Beteiligten nicht entsprechend den Vorgaben dieses BMF-Schreibens behandelt worden sind.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF