FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 06.10.2025 zum Urteil 3 K 47/23 vom 03.06.2025 (nrkr - BFH-Az.: II R 32/25)
- Es gibt keinen allgemeinen Vertrauensschutz im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer nach der Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs bei sog. RETT-Blocker-Gestaltungen.
- Ein bloß formeller Verwaltungsakt ist rechtswidrig und ohne weitere Sachprüfung vom Finanzgericht aufzuheben, weil das FA nicht berechtigt war, in der Form des Verwaltungsaktes zu handeln.
Der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hatte mit Urteil vom 3. Juni 2025 (Az. 3 K 47/23 – veröffentlicht in EFG 2025, 1268) über die Frage nach Vertrauensschutz bei geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung in sog. RETT-Blocker-Konstellationen sowie darüber zu entscheiden, ob das Finanzamt befugt war, über die Anwendbarkeit des § 176 Abs. Satz 1 Nr. 3 AO isoliert mittels Verwaltungsakt zu entscheiden.
Die Klägerin hielt Beteiligungen an diversen Gesellschaften, die ihrerseits diverse Grundstücke hielten. Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen im August 2012 erfolgten Änderungen in den Gesellschafterstrukturen, in deren Folge die Klägerin u. a. an einer grundstückshaltenden Gesellschaft – wie zuvor – unstreitig mittelbar 93,34 % der Anteile hielt. Die übrigen 6,66 % der Anteile hielt nunmehr die X-GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditistin wiederum die Klägerin war. Komplementärin der X-GmbH & Co.KG war eine GmbH, an der die Klägerin nicht beteiligt war (sog. RETT-Blocker). Eine Grunderwerbsteuerfestsetzung erfolgte für diesen Vorgang zunächst nicht. Nach Durchführung einer Groß- und Konzernbetriebsprüfung im Jahr 2019 kam das Finanzamt aber zu dem Ergebnis, dass der Klägerin ab August 2012 neben der unstreitigen Beteiligung in Höhe von 93,34 % an der grundstückshaltenden Gesellschaft auch die mittelbar über die X-GmbH & Co. KG gehaltenen Anteile in grunderwerbsteuerlich relevanter Weise zuzurechnen seien. Daher sei ab August 2012 auf der Ebene der Klägerin eine (grunderwerbsteuerlich relevante) Anteilsvereinigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG hinsichtlich der Anteile an der grundstückshaltenden Gesellschaft erfolgt. Die Klägerin stellte beim Finanzamt u.a. einen Antrag auf Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO sowie auf „Gewährung von Vertrauensschutz […] gem. § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO“. Beide Anträge lehnte das Finanzamt jeweils mit eigenem Bescheid ab, wogegen sich die Klägerin mit ihrer Klage wandte. Der 3. Senat des Finanzgerichts hat der Klage im Hinblick auf den Anfechtungsantrag betreffend den „Bescheid“ bzgl. § 176 AO stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Aufhebung des aus Sicht des 3. Senats bloß formellen „Bescheides“ betreffend § 176 AO resultiere dabei schon aus dessen fehlender Verwaltungsakt-Qualität. Im Hinblick auf den begehrten Vertrauensschutz sei indes schon keine Unbilligkeit im Rechtssinne festzustellen. Eine solche folge insbesondere nicht aus der nach Umsetzung der Umstrukturierung erfolgten Änderung der Rechtsprechung des BFH zu sog. RETT-Blockern und der darauffolgenden Änderung der Verwaltungspraxis. Nach Ansicht des 3. Senats liege darin insbesondere kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG; auch der Rechtsgedanke des § 176 Abs. 1 AO sei im vorliegenden Fall zur Bejahung einer „Unbilligkeit“ nicht heranzuziehen.
Der 3. Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. II R 32/25 anhängig.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Newsletter II/2025