JStG 2020 - 3. November 2020

JStG 2020: DStV fordert den Schutz der Investitionsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen

DStV, Mitteilung vom 02.11.2020

Das Jahressteuergesetz 2020 wartet mit einer Vielzahl gesetzlicher Neuregelungen auf. Der DStV richtete seinen Blick in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags insbesondere auf die vermeintliche Verbesserung und präzisere Ausgestaltung der Investitionsabzugsbeträge des § 7g EStG. Aber auch bei anderen Themen, wie der Förderung günstiger Wohnraumvermietung, drückt der Schuh.

Abschaffung der Betriebsgrößengrenzen bringt Teile der KMU in Bedrängnis

Besser, zielgenauer und krisenfest soll die gesetzliche Regelung des § 7g EStG aus dem geplanten Systemwechsel im Zuge des Jahressteuergesetzes 2020 hervorgehen. Doch weit gefehlt, wie der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) in seiner Stellungnahme S 12/20 und als Sachverständiger der Öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags aufzeigte:

Das Herzstück des § 7g EStG, die Betriebsgrößengrenzen, soll abgeschafft und eine einheitliche Gewinngrenze von derzeit 150.000 Euro eingeführt werden. Die Begründung des Gesetzgebers: Insbesondere das bisherige Größenmerkmal „(Ersatz-)Wirtschaftswert“ im land- und forstwirtschaftlichen Bereich bereite Probleme.

Würde die geplante Änderung umgesetzt, so der DStV, ergäbe sich die Not jedoch an anderer Stelle, denn der Anwendungsbereich der Regelung würde deutlich eingeschränkt. Etliche Rückmeldungen aus der Praxis sähen die Gefahr, dass viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – und damit die Zielgruppe der steuerlichen Begünstigung – aus dem Anwendungsbereich des § 7g EStG künftig herausfallen. Das könne nicht das Ziel des Gesetzgebers sein, meint der DStV.

Der DStV forderte daher mit Nachdruck, die geltenden, unterschiedlichen Betriebsgrößengrenzen beizubehalten und eine weniger invasive Vorgehensweise – die Anhebung der Schwellenwerte – dem großen chirurgischen Eingriff vorzuziehen. Bereits zur Bewältigung der Auswirkungen der Finanzkrise in den Jahren 2009 und 2010 sei dies das Mittel der ersten Wahl gewesen.

„Wir haben jetzt die größte Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg und auch insofern sollte ganz zwingend § 7g EStG […] zur Stärkung der Investitionsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen erweitert werden“, so RAin/StBin Sylvia Mein, DStV-Geschäftsführerin, in der öffentlichen Anhörung. So denn an dem Wechsel zur Gewinngrenze festgehalten werde, müsse sie auf mindestens 250.000 Euro angehoben werden. Diese solle zudem erst ab dem Jahr 2021 gelten.

Licht und Schatten: Weitere Änderungen des § 7g EStG in Planung

Der „Bodylift“ des § 7g EStG umfasst diverse weitere Eingriffe – nicht alle eine Verschlechterung des Status quo. Neben der vorgesehenen Erweiterung des Anwendungsbereichs um vermietete Wirtschaftsgüter ist auch die geplante Anhebung der Investitionsabzugsbeträge von bislang 40 % auf 50 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten positiv zu würdigen.

Die noch im Referentenentwurf geplante Absenkung des Grenzwerts für begünstigte Wirtschaftsgüter von 90 % auf 50 % scheiterte hingegen bereits am Sprung in den Regierungsentwurf. Die ursprünglich vorgesehene Neuerung begrüßte der DStV ausdrücklich und regte an, diese Verbesserung im parlamentarischen Verfahren wieder aufzugreifen.

Die geplante Beschränkung der Hinzurechnung von Investitionsabzugsbeträgen bei Personengesellschaften hält sich hingegen hartnäckig. Nach der Neuerung kann ein im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gebildeter Investitionsabzugsbetrag (IAB) nur für Investitionen im Gesamthandsvermögen möglich sein – ein im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers gebildeter IAB entsprechend nur für Investitionen dieses Mitunternehmers in seinem Sonderbetriebsvermögen. Mit den geplanten Änderungen überschreibt der Gesetzentwurf die Rechtsprechung des BFH (BFH-Beschluss vom 15.11.2017, Az. VI R 44/16) und ist bereits daher kritisch zu sehen. Die Beschränkung der „Verrechnungsmöglichkeiten“ wirkt zudem stark einengend. Die Flexibilität des § 7g EStG würde dadurch künftig deutlich sinken. Der DStV forderte daher, von den Neuerungen abzusehen.

Verbilligte Wohnraumvermietung: Totalüberschussprognose ist keine Option

Weiterer Anpassungsbedarf im Gesetzentwurf ist im Bereich der verbilligten Überlassung von Wohnraum geboten. Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2020 soll die bisherige Grenze auf 50 % der ortsüblichen Miete herabgesetzt werden. Bereits bei Überschreiten dieser Grenze soll eine Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil entfallen.

Diese Neuregelung ist grundsätzlich zu begrüßen – trägt sie doch, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt, dem steigenden Mietpreisniveau Rechnung. Vermieter sähen sich so nicht in der Not, alte Verträge mit nach wie vor niedrigen Mieten anzupassen, um den vollen Werbungskostenabzug zu erhalten.

Gleichzeitig soll jedoch für Entgelte, die mindestens 50 %, aber weniger als 66 % der ortsüblichen Miete betragen, wieder eine Totalüberschussprognoseprüfung durchzuführen sein. Bei Mieten innerhalb dieses Gaps müssten Wohnungsvermieter künftig nachweisen, dass ihre Tätigkeit einen Totalüberschuss innerhalb des Zeitraums der tatsächlichen Nutzung erwarten lässt. Nur dann würden sie den vollen Werbungskostenabzug erhalten. Erst ab 66 % der ortsüblichen Marktmiete soll die geltende gesetzliche Fiktion der vollentgeltlichen Wohnungsvermietung greifen. Grund für die Staffelung: Die Gefahr der missbräuchlichen Nutzung der gesetzlichen Fiktion bei Vermietungen unter Angehörigen solle gebannt werden.

Damit würde ein längst bezwungenes Bürokratiemonster wieder zum Leben erweckt, dass nicht nur der Beraterschaft, sondern auch der Finanzverwaltung den Arbeitsalltag erneut deutlich erschweren würde. Damit einher gingen Rechtsunsicherheiten in der Praxis. Der DStV empfiehlt daher dringend, die Totalüberschussprognose lediglich im Zuge von Vermietungen zwischen nahen Angehörigen zur Anwendung kommen zu lassen.

Er steht mit diesem Vorschlag nicht allein. So sieht u.a. auch die Sachverständige Prof. Dr. Schanz von der Ludwig-Maximilians-Universität in München in dem Hearing die Missbrauchsanfälligkeit bei Angehörigen. „Dort sollte man differenzieren“ so Schanz. Eine Totalüberschussprognose sollte nur dann erforderlich sein, wenn an Angehörige i. S. d. § 15 AO vermietet wird.

Keine rückwirkende Anwendung eines gesetzlichen „Zusätzlichkeitserfordernisses“

Mit der geplanten gesetzlichen Verankerung des sog. Zusätzlichkeitserfordernisses soll für das gesamte Einkommensteuergesetz klargestellt werden, dass nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt sind. Ein Beispiel: Entgeltumwandlungen wären danach künftig nicht mehr steuerbegünstigt möglich.

Mit diesen Änderungen überschreibt der Gesetzentwurf zulasten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern teilweise die geänderte BFH-Rechtsprechung aus 2019. „Dies sehen wir als Deutscher Steuerberaterverband grundsätzlich kritisch“, so DStV-Geschäftsführerin Mein in der Anhörung. Und auch im Kontext der gegenwärtig überaus angespannten Situation vieler Unternehmen sollte die Möglichkeit der Vereinbarung nachträglicher Zuwendungen auch zukünftig erhalten bleiben. Dies könnte die Lohnnebenkosten bei gleichzeitiger Nettolohnerhaltung reduzieren.

Insbesondere ein rückwirkendes Inkrafttreten der Neuregelung lehnt der DStV ab, denn so Mein: „Trotz des anderslautenden BMF-Schreibens aus diesem Jahr dürften sich viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Basis der BFH-Rechtsprechung im Laufe dieses Jahres bereits auf die Entgeltumwandlung verständigt haben.“ Etwaige Berichtigungen in den Lohnkonten wären folglich mit erheblichem bürokratischem Mehraufwand sowie Nachversteuerungen verbunden.

Weiterer Gesetzgebungsverlauf

Geplant ist, das Gesetzgebungsverfahren noch im November 2020 abzuschließen. Angesichts der umfangreichen Anregungen des Bundesrats in seiner Stellungnahme (BR-Drs. 503/20 (B)) dürfte dies eine Herausforderung werden.

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.