FG Münster, Mitteilung vom 16.12.2024 zum Urteil 9 K 1908/21 F vom 20.11.2024
Mit Urteil vom 20. November 2024 (Az. 9 K 1908/21 F) hat der 9. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass das teilweise Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG für Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb an einer Kapitalgesellschaft auch dann gilt, wenn es sich um Zinszahlungen von der Organgesellschaft an den Organträger handelt.
Die Klägerin ist eine GmbH, an der im Streitjahr allein die Beigeladene, eine KG, beteiligt war. Zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der Beigeladenen als Organträgerin bestand eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Die Klägerin erwarb Anteile an einer ausländischen Kapitalgesellschaft. Die zur Finanzierung benötigten Geldmittel stellte die Beigeladene zur Verfügung, wofür die Klägerin Zinsen an die Beigeladene zahlte.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen (§ 14 Abs. 5 KStG), in dem festgestellt wurde, dass auf Ebene der Beigeladenen 40 % der Zinsaufwendungen nicht abziehbar sind. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, dass es auf Ebene der Beigeladenen als Organträgerin zu einer Konfusion von Zinsaufwand und Zinsertrag komme, sodass kein Zinsaufwand verbleibe, auf den § 3c Abs. 2 EStG angewendet werden könne. Jedenfalls sei § 3c Abs. 2 EStG bei einer organschaftlichen Innenfinanzierung teleologisch zu reduzieren.
Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen. Es sei zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig, dass der Zinsaufwand der Klägerin bei der Beigeladenen nur zu 60 % erfasst werden dürfte, wenn Empfänger der Zinsen nicht die Beigeladene gewesen wäre (§ 3c Abs. 2 EStG i. V. m. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG). Denn die Zinsaufwendungen stünden im Zusammenhang mit nach dem Teileinkünfteverfahren teilweise steuerfreien Erträgen. Der Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG stehe auch nicht entgegen, dass die Zinsaufwendungen der Klägerin zu einem Zinsertrag der Beigeladenen führen würden. Weder § 14 noch § 15 KStG sei als Rechtsfolge eine solche Konsolidierung der Einkommen von Organgesellschaft und Organträger zu entnehmen. Transaktionen zwischen Organträger und Organgesellschaft würden nicht ausgeglichen oder auf andere Weise für steuerliche Zwecke eliminiert. Dieser Auffassung stehe weder der Wortlaut des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG noch die Gesetzessystematik noch der Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen. So stelle beispielsweise der Gesetzestext nicht auf ein konsolidiertes Gesamteinkommen des Organträgers, sondern nur auf das Einkommen der Organgesellschaft ab, welches dem Organträger zugerechnet worden sei.
Auch sei § 3c Abs. 2 EStG unter Berücksichtigung der Urteile des Bundesfinanzhofs vom 6. Februar 2020 (Az. IV R 5/18, BStBl II 2020 S. 448) und vom 16. November 2023 (Az. IV R 26/20, BStBl II 2024 S. 367) nicht teleologisch zu reduzieren. Die Zinszahlungen der Klägerin seien bei der Ermittlung ihres Einkommens als Organgesellschaft aufwandswirksam abgezogen worden. Dass über die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG erst auf Ebene des Organträgers (hier: der Beigeladenen) zu entscheiden sei, dem das Einkommen der Organgesellschaft (hier: der Klägerin) zugerechnet werde, sei wegen der zivil- und steuerrechtlichen Eigenständigkeit von Organträger und Organgesellschaft unerheblich. Organträger und Organgesellschaft würden zivil- und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger bleiben, sodass die Zinsaufwendungen bei der Organgesellschaft aufwandswirksam berücksichtigt worden seien. Nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führe die spätere Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft an den Organträger zu keiner Änderung.
Der 9. Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Quelle: Finanzgericht Münster, Newsletter Dezember 2024