FG Hamburg, Mitteilung vom 08.01.2025 zum Urteil 3 K 134/22 vom 15.10.2024 (nrkr - BFH-Az.: II R 32/24)
- Eine disquotale Einlage in die Kapitalrücklage einer KGaA stellt keine Schenkung an den persönlich haftenden Gesellschafter (phG) dar (Bestätigung von FG Hamburg, Urteil 3 K 188/21 vom 11.07.2023, EFG 2023, 1466).
- § 7 Abs. 9 ErbStG ist nicht rückwirkend anwendbar und findet daher nur auf Sachverhalte Anwendung, die nach Inkrafttreten der Norm verwirklicht worden sind.
Zwischen den Beteiligten war streitig, ob eine disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer KGaA einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang darstellt.
Der 3. Senat hat – im Anschluss an seine Entscheidung vom 11. Juli 2023 (siehe dazu PM 2/2023) – erneut entschieden, dass nach seiner Ansicht eine disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer KGaA mit Blick auf die phG der KGaA keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang darstellt.
Die Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage der KGaA erfülle weder den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG noch den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Die mit Gesetz vom 27. März 2024 neu eingeführte Vorschrift in § 7 Abs. 9 ErbStG sei auf den Streitfall aus dem Jahr 2017 nicht anwendbar, da sie keine rückwirkende Anwendung finde. Der Gesetzgeber habe mit Artikel 28 Nr. 2 des Wachstumschancengesetzes, das am 28. März 2024 in Kraft getreten sei, in § 7 Abs. 9 Satz 1 ErbStG eine neue Vorschrift eingeführt, wonach als Schenkung auch die Werterhöhung einer Beteiligung eines phG einer KGaA gelte, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte Person oder Stiftung durch eine Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlange. Der zeitliche Anwendungsbereich für die neu eingeführte Vorschrift sei nicht geregelt worden, sodass diese im Ergebnis nur Anwendung auf solche Tatbestände finde, die nach dem Inkrafttreten der Vorschrift am 28. März 2024 verwirklicht worden seien. Weder aus dem Gesetz selbst noch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich eindeutig ein rückwirkender Geltungswille des Gesetzgebers. Vielmehr folge aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des § 7 Abs. 9 ErbStG nicht für erforderlich gehalten habe, da es sich aus seiner Sicht nur um eine klarstellende Regelung ohne eigenen Regelungsgehalt handele. Daher könne auch offenbleiben, ob eine rückwirkende Anwendung des § 7 Abs. 9 ErbStG verfassungsrechtlich zulässig wäre.
Schließlich lag in dem entschiedenen Fall aus Sicht des Gerichts auch kein Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO vor.
Quelle: Finanzgericht Hamburg, Newsletter 4/2024