EU-Steuern - 22. Dezember 2022

EuGH zur Kurzzeitvermietung von Immobilien

EuGH, Pressemitteilung vom 22.12.2022 zum Urteil C-83/21 vom 22.12.2022

Das Unionsrecht steht weder der Verpflichtung zur Erhebung von Informationen noch dem Steuerabzug nach einer nationalen Steuerregelung entgegen.

Die Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters stellt hingegen eine unverhältnismäßige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

Airbnb ist ein weltweit agierender Konzern, der im Internet das gleichnamige Immobilienvermittlungsportal betreibt. Dieses bietet die Möglichkeit, Vermieter, die über Unterkünfte verfügen, mit an entsprechenden Unterkünften interessierten Personen in Verbindung zu bringen. Insoweit erhält Airbnb von dem Kunden vor dem Beginn der Vermietung die für die Bereitstellung der Unterkunft fällige Zahlung und leitet sie anschließend an den Vermieter weiter, falls seitens des Mieters keine Beanstandung erfolgt ist.

Mit einem italienischen Gesetz von 2017 wurde eine neue Steuerregelung für die nicht gewerbliche Kurzzeitvermietung von Immobilien eingeführt. Dieses Gesetz gilt für Mietverträge über Wohnimmobilien mit einer Dauer von höchstens 30 Tagen, die von natürlichen Personen außerhalb einer unternehmerischen Tätigkeit geschlossen werden, unabhängig davon, ob diese Verträge unmittelbar mit den Mietern geschlossen werden oder mit Hilfe von Personen, die die Tätigkeit der Immobilienvermittlung ausüben, zu denen Personen gehören, die, wie Airbnb, Internetportale betreiben. Ab dem 1. Juni 2017 unterliegen die Einnahmen aus solchen Mietverträgen, wenn die betreffenden Eigentümer für den entsprechenden Präferenzsatz optiert haben, einem an den Fiskus abzuführenden Abzug von 21 %, und die Daten über die Mietverträge sind der Steuerverwaltung zu übermitteln. Personen, die Tätigkeiten der Immobilienvermittlung ausüben, müssen, wenn sie die Mieten einziehen oder im Zusammenhang mit ihrer Zahlung tätig werden, als Abzugsverpflichtete diesen Abzug vom Betrag der Mieten vornehmen und ihn an den Fiskus abführen. Nicht gebietsansässige Personen, die in Italien über keine ständige Niederlassung verfügen, sind verpflichtet, als Steuerverantwortliche einen Steuervertreter zu benennen.

Airbnb Ireland UC und Airbnb Payments UK Ltd, die zum weltweit agierenden Konzern Airbnb gehören, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Direktors der Steuerverwaltung zur Durchführung der neuen Steuerregelung. Der mit einem Rechtsmittel von Airbnb gegen das klageabweisende Urteil befasste Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) hat den Gerichtshof ersucht, mehrere unionsrechtliche Vorschriften im Hinblick auf die Pflichten auszulegen, die das nationale Gesetz den Vermittlern von kurzzeitigen Immobilienvermietungen auferlegt.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die drei Verpflichtungen, die 2017 im italienischen Recht eingeführt wurden, zum Bereich der Steuern gehören und damit vom Anwendungsbereich mehrerer von Airbnb angeführter Richtlinien ausgeschlossen sind. Der Gerichtshof prüft daher die Rechtmäßigkeit der drei Maßnahmen allein am Maßstab des in Art. 56 AEUV aufgestellten Verbots von Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union.

An erster Stelle führt er aus, dass die Verpflichtung zur Erhebung von Daten über die infolge der Immobilienvermittlung geschlossenen Mietverträge und ihre Übermittlung an die Steuerbehörden für alle Dritten gilt, unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen handelt, ob sie im Inland ansässig oder niedergelassen sind und ob sie auf digitalem Wege tätig werden oder andere Wege der Geschäftsanbahnung nutzen. Daraus schließt der Gerichtshof entsprechend der Rechtsprechung (Urteil vom 27. April 2022, Airbnb Ireland, C-674/20 (vgl. Pressemitteilung Nr. 66/22)), dass eine solche Verpflichtung nicht gegen das in Art. 56 AEUV aufgestellte Verbot verstößt, da sie für alle im Inland tätigen Wirtschaftsteilnehmer gilt.

An zweiter Stelle gilt die Verpflichtung zum Steuerabzug an der Quelle ebenfalls sowohl für in einem anderen Mitgliedstaat als Italien niedergelassene Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung als auch für Unternehmen mit einer Niederlassung in Italien. Der Gerichtshof schließt es daher aus, dass diese Verpflichtung als Maßnahme angesehen werden kann, die die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs verbietet, behindert oder weniger attraktiv macht.

An dritter Stelle trifft indessen die Verpflichtung, in Italien einen Steuervertreter zu benennen, nur bestimmte Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die über keine ständige Niederlassung in Italien verfügen. Da diese Verpflichtung dazu führt, dass sie bestimmte Schritte zu unternehmen und in der Praxis die Kosten der Vergütung dieses Vertreters zu tragen haben, schaffen solche Zwänge für diese Wirtschaftsteilnehmer eine Belastung, die geeignet ist, sie davon abzuhalten, in Italien Dienstleistungen der Immobilienvermittlung zu erbringen, jedenfalls in der von ihnen gewünschten Art und Weise. Diese Verpflichtung ist daher als grundsätzlich durch Art. 56 AEUV verbotene Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs anzusehen. Auch wenn mit dieser Steuermaßnahme das legitime Ziel verfolgt wird, die Wirksamkeit der Steuererhebung zu gewährleisten, mit der eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs potenziell gerechtfertigt werden kann, geht sie indessen über das hinaus, was erforderlich ist, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Maßnahme gilt nämlich unterschiedslos für alle Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung, die über keine ständige Niederlassung in Italien verfügen und sich im Rahmen ihrer Leistungen dafür entschieden haben, die Mieten oder Entgelte betreffend die von der Steuerregelung von 2017 erfassten Verträge einzuziehen oder im Zusammenhang mit der Einziehung dieser Mieten oder Entgelte tätig zu werden. Es wird jedoch nicht beispielsweise nach dem Volumen der Steuereinnahmen unterschieden, die diese Dienstleistungserbringer jährlich für Rechnung der Staatskasse einbehalten oder einbehalten können. Außerdem ist der Umstand, dass der Steuerverwaltung bereits ihr übermittelte Informationen über die Steuerpflichtigen zur Verfügung stehen, dazu angetan, ihr ihre Kontrolle zu erleichtern und trägt daher zur Unverhältnismäßigkeit der Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters bei. Daraus folgt, dass die Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters gegen Art. 56 AEUV verstößt.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union