Einkommensteuer - 17. Juni 2022

Ertragsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen (§ 17 Absatz 2a EStG), Bürgschaftsregress- und vergleichbaren Forderungen

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 - S-2244 / 20 / 10001 :001 vom 07.06.2022

Im Rahmen des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) wurde § 17 Absatz 2a EStG neu eingeführt, in dem in den Sätzen 1 bis 4 nunmehr normspezifisch die Anschaffungskosten einschließlich der nachträglichen Anschaffungskosten von Anteilen i. S. v. § 17 EStG definiert werden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung von § 17 Absatz 2a EStG Folgendes:

I. Nachträgliche Anschaffungskosten

1 Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören insbesondere:

  1. offene oder verdeckte Einlagen,
  2. Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, und
  3. Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war.

2 Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2017, IX R 7/17, BStBl II 2019 S. 213).

1. Offene oder verdeckte Einlagen (§ 17 Absatz 2a Satz 3 Nummer 1 EStG)

3 Ob eine offene oder eine verdeckte Einlage vorliegt, richtet sich nach handels-, bilanzsteuer- und körperschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen.

4 Zu den offenen Einlagen zählen insbesondere Nachschüsse (§§ 26ff GmbHG), Barzuschüsse und sonstige Zuzahlungen (§ 272 Absatz 2 Nummer 4 HGB) wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage. Auch Einlagen, die in zeitlicher Nähe zur Veräußerung der Beteiligung geleistet werden (sog. Einlagen in letzter Minute), sind als offene Einlage i. S. v. § 17 Absatz 2a EStG zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2018, IX R 5/15, BStBl II 2019 S. 194).

5 Zu den verdeckten Einlagen (vgl. R 8.9 Absatz 1 KStR) gehört insbesondere der Verzicht auf ein Gesellschafterdarlehen in Höhe des werthaltigen Teils. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich im Zeitpunkt des Verzichtes um ein fremdübliches oder um ein gesellschaftsrechtlich veranlasstes Darlehen handelt. Der Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil des Gesellschafterdarlehens ist ggf. unter den Voraussetzungen des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 i. V. m. Satz 2 EStG zu berücksichtigen (vgl. Randnummer 18).

6 Eine verdeckte Einlage kann auch vorliegen, wenn die vom Gesellschafter gewährte Fremdkapitalhilfe aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich vergleichbar ist. Dies kann der Fall sein bei einem Gesellschafterdarlehen, dessen Rückzahlung auf Grundlage der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, wie beispielsweise der Vereinbarung eines Rangrücktritts i. S. d. § 5 Absatz 2a EStG, im Wesentlichen denselben Voraussetzungen unterliegt wie die Rückzahlung von Eigenkapital, wenn und soweit der die Ausbuchung auslösende Rangrücktritt nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war und die entsprechenden Forderungen des Gläubigers noch werthaltig waren (BFH-Urteil vom 15. April 2015, I R 44/14, BStBl II S. 769).

2. Darlehensverluste (§ 17 Absatz 2a Satz 3 Nummer 2 EStG)

7 Verluste aus Gesellschafterdarlehen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn die Gewährung oder das Stehenlassen des Darlehens gesellschaftsrechtlich – also durch das Gesellschaftsverhältnis – veranlasst war. Das gilt auch für Verluste von Darlehen, die unter das Kleinanlegerprivileg (§ 39 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 i. V. m. Absatz 5 InsO) fallen und von Seite 3 Darlehen, die nach § 39 Absatz 1 Nummer 5 i. V. m. Absatz 4 InsO nicht dem Nachranggebot unterliegen (sog. Sanierungsprivileg).

(…)

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF