FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 06.10.2025 zum Urteil 1 K 41/23 vom 05.02.2025 (nrkr - BFH-Az.: IX R 8/25)
Mit Urteil vom 5. Februar 2025 (Az. 1 K 41/23 – veröffentlicht in EFG 2025, 1141) hatte der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts darüber zu entschieden, ob bei der Ermittlung des Teilwerts einer Pensionsrückstellung eine dynamisch ausgestaltete Anpassungsverpflichtung auch für solche Versorgungsempfänger steuermindernd zu berücksichtigen ist, denen bereits vor dem 1. Januar 1999 erstmalig eine Versorgungszusage erteilt wurde, insbesondere darüber, ob eine später im Wege einer abändernden Betriebsvereinbarung zugesagte Anpassungsverpflichtung um 1 % jährlich wegen Verstoßes gegen § 30c Abs. 1 i. V. m. § 16 Abs. 3 Nr. 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) mit der Folge unwirksam ist, dass diesen Versorgungsempfängern kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf die dynamische Anpassung der zugesagten laufenden Leistungen i. S. d. § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1, 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG zusteht.
Die gemeinsame Konzernmutter der klagenden Kapitalgesellschaft und ihrer Organträgerin hatte den Mitarbeitern ihrer Konzerngesellschaften mit einer Betriebsvereinbarung Zusagen zur betrieblichen Altersvorsorge in Form einer Direktzusage erteilt, durch welche auch solche Mitarbeiter begünstigt wurden, denen schon vor dem 1. Januar 1999 Zusagen zur betrieblichen Altersvorsorge erteilt worden waren. Für die Anpassung der laufenden Betriebsrentenzahlungen sollte § 16 BetrAVG in der damals gültigen Fassung gelten. Später führte die Konzernmutter mit einer Konzern-Betriebsvereinbarung einen neuen Rentenplan ein, mit welchem unter Hinweis auf die neu geschaffene Regelung in § 16 Abs. 3 BetrAVG eine arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Erhöhung der laufenden Versorgungsleistungen um jährlich 1 % eingeführt wurde. Die Klägerin holte Gutachten über die versicherungsmathematische Bewertung der Pensionsverpflichtungen ein und bezog die mit dem neuen Rentenplan eingeführte dynamische Anpassung der laufenden Versorgungsleistungen für sämtliche bestehenden Versorgungszusagen in die steuerbilanzielle Bewertung der Pensionsverpflichtungen ein. Das Finanzamt führte eine steuerliche Außenprüfung durch und stellte sich anschließend auf den Standpunkt, dass die vorgesehene dynamische Anpassung der Versorgungsleistungen wegen Verstoßes gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG nichtig sei, soweit sich diese auch auf Altfälle beziehe, welche bereits vor dem 1. Januar 1999 Versorgungszusagen erhalten hatten. Die Pensionsverpflichtungen seien damit niedriger zu bewerten und die steuerlichen Verpflichtungen der Klägerin dementsprechend höher anzusetzen. Die Klägerin wandte dagegen ein, dass die vertraglich vereinbarte Anpassungsverpflichtung sehr wohl für sämtliche Versorgungsempfänger wirksam und daher steuermindern zu berücksichtigen sei.
Der angerufene 1. Senat entschied, dass die streitgegenständliche Versorgungszusage wegen Verstoßes gegen die betriebsrentenrechtlichen Regelungen teilweise unwirksam und dass die Bewertung des Finanzamtes daher zutreffend sei. Zur Beantwortung der Frage, ob ein einklagbarer Pensionsanspruch bestehe, sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Betriebsrentenrecht zurückzugreifen. Der 1. Senat legte die vertraglichen Vereinbarungen dahingehend aus, dass mit der streitgegenständlichen Einführung des neuen Rentenplans auch die zuvor noch ausdrücklich vorgesehene Anpassung der Rentenansprüche im Rahmen der gesetzlichen Anpassungsprüfungspflicht abbedungen werden sollte. Dies führe nach der herangezogenen BAG-Rechtsprechung dazu, dass die Verpflichtung zur 1%igen jährlichen Erhöhung der Rentenansprüche in den streitgegenständlichen Altfällen rechtlich unwirksam sei. Eine Anrechnungsbestimmung, wonach die jährlichen Mindestanpassungen auf etwaige Erhöhungen im Rahmen der Anpassungsprüfungspflicht anzurechnen sei, sei zur Überzeugung des 1. Senats nicht in die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung aufgenommen worden und finde dort auch keinen Anklang. Es habe auch keine vertragliche Fortgeltungsanordnung vorgelegen, nach welcher die gesetzliche Anpassungsprüfungspflicht neben der vertraglichen dynamischen Anpassungsverpflichtung bestehen bleiben sollte. Darüber hinaus sei die neue gesetzliche Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG nahezu wortgleich in den neuen Rentenplan übernommen worden.
Der 1. Senat des Finanzgerichts hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da finanzgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen die Regelung in § 30c Abs. 1 i. V. m. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG zur teilweisen Versagung einer steuerlichen Pensionsrückstellung führt. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. IX R 8/25 anhängig.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Newsletter II/2025