Energiesteuer - 18. September 2020

Energiesteuerentlastung für Übertragungsverluste in einem von mehreren Anlagenbetreibern gespeisten Fernwärmenetz

FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 17.09.2020 zum Urteil 11 K 1272/18 vom 19.05.2020 (nrkr - BFH-Az.: VII R 27/20)

Speisen mehrere Anlagenbetreiber thermische Energie in ein Fernwärmenetz ein, sind die entstehenden Übertragungsverluste für Zwecke der Energiesteuerentlastung im Verhältnis der von den angeschlossenen Anlagen eingespeisten Wärmeenergie aufzuteilen.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, das Strom und Wärme produziert. Die Wärme gewinnt sie in Blockheizkraftwerken (BHKW) und Heizungsanlagen (Heizkessel), in denen Erdgas und leichtes Heizöl verwendet werden. Das dabei erzeugte Heißwasser (Kesselwärme) verbraucht die Klägerin zum Teil selbst, um den Wärmebedarf in ihren eigenen Immobilien abzudecken. Im Übrigen speist sie das Heißwasser in mehrere Fernwärmenetze ein, die ebenfalls von ihr betrieben werden. Neben der Klägerin speisen auch andere Betreiber von BHKW Wärme in die Netze ein. Für das Streitjahr 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Energiesteuerentlastung nach § 54 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG). Neben dem unstreitigen Eigenbedarf erkannte das beklagte Hauptzollamt (HZA) eine Energiesteuerentlastung nur für Wärmeverluste im Verhältnis der von den Anlagen der Klägerin abgegebenen zur insgesamt in das jeweilige Netz eingespeisten Wärmeenergie an. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, sie habe frei entscheiden dürfen, ob sie die Wärme zum Ausgleich der Wärmenetzverluste des jeweiligen Netzes nutze. Denn aufgrund der besonderen Umstände, die mit der Einspeisung in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz verbunden seien, habe sie die erzeugte Wärme dem zum Ausgleich der Wärmeverluste erforderlichen Bedarf bilanziell zuordnen dürfen.

Aus den Gründen

Klägerin ist als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes antragsberechtigt

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Klägerin sei als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zwar antragsberechtigt. In die von ihr betriebenen Fernwärmenetze sei aber nicht nur die von ihr erzeugte – hier allein streitige – Kesselwärme eingespeist, sondern auch die von den BHKW gewonnene Wärme (die bereits nach anderen Vorschriften entlastet wurde) und in erheblichem Umfang auch Wärme, die sie von anderen Anlagenbetreibern bezogen habe.

Energiesteuerentlastung bei Wärmeeinspeisung durch mehrere Anlagenbetreiber

Im Fall der Wärmeeinspeisung aus verschiedenen Anlagen in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz sei es aufgrund der im Netz stattfindenden Vermengung physikalisch unmöglich, die Herkunft der transportierten Wärme zu ermitteln. Entsprechend unmöglich sei es in solchen Fällen auch, die im Netz auftretenden Übertragungsverluste auf (nur) eine bestimmte Wärmequelle zurückzuführen. Mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte sei daher davon auszugehen, dass die von den verschiedenen Anlagen eingespeisten Wärmemengen grundsätzlich in gleicher Weise diesen Übertragungsverlusten unterlägen. Einen Nachweis dafür, dass die Netzverluste abweichend hiervon überproportional von den Heizkesseln der Klägerin ausgeglichen worden wären, sei die Klägerin, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig sei, schuldig geblieben.

Anteilige Zuordnung der Wärmeverluste

Die in den Fernwärmenetzen entstandenen Verluste seien deshalb – getrennt für jedes Fernwärmenetz – den jeweils angeschlossenen Anlagen im Verhältnis der von dieser eingespeisten Wärmeenergie zuzuordnen. Eine Steuerentlastung sei der Klägerin nur insoweit zu gewähren, als sie Erdgas oder leichtes Heizöl gerade für den Ausgleich der auf ihre Heizkessel entfallenden Verlustmengen eingesetzt habe.

Vermeidung einer mehrfachen Energiesteuerentlastung

Würde man wie die Klägerin die in ihren Kesselanlagen verheizten Energieerzeugnisse bilanziell in vollem Umfang dem Ausgleich von Netzverlusten zuordnen, bestünde die Gefahr, dass zum Ausgleich dieser Übertragungsverluste verheizte Energieerzeugnisse – soweit sie den auf die Klägerin entfallenden Anteil übersteigen – mehrfach von der Energiesteuer entlastet werden. Denn für die von anderen Anlagenbetreibern zum Ausgleich von Netzverlusten eingesetzten Energieerzeugnisse wären diese nach § 54 EnergieStG oder anderen Entlastungsvorschriften (ebenfalls) entlastungsberechtigt.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 3/2020