Einkommensteuer - 14. November 2019

Einkünfte aus inländischen öffentlichen Kassen im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG – Anwendung von DBA

Urteil des BFH vom 28. März 2018 – I R 42/16
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2300 / 19 / 10009 :003 vom 13.11.2019
Auszug

1 § 49 Einkommensteuergesetz (EStG) führt die inländischen Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG) abschließend auf. Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG gehören hierzu Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss.

2 Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28. März 2018 – I R 42/16 – (BStBl II 2019 S. XXX) entschieden, dass der erforderliche Inlandsbezug in diesen Fällen durch den Zahlungsvorgang zulasten der inländischen Volkswirtschaft gegeben ist. Die Grundlage hierfür bilde das sog. Kassenstaatsprinzip. Eine inländische öffentliche Kasse sei neben den Kassen der inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch jede Kasse einer Institution, die der Dienstaufsicht und Prüfung ihres Finanzgebarens durch die öffentliche Hand unterliege. Eine Besteuerung komme in der Folge daher nicht in Betracht, soweit das Projekt und damit die Arbeitsvergütung – wie in dem zugrunde liegenden Urteilsfall – anteilig aus Mitteln der Europäischen Union finanziert werde.

Das Tatbestandsmerkmal „mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis“ werde nur dann erfüllt, wenn die öffentlichen Mittel wirtschaftlich für die dienstvertragliche Vergütung gezahlt werden. Hierfür sei ein „konkreter Bezug“ erforderlich, d. h. die Zahlung müsse durch das Dienstverhältnis als auslösendes Moment veranlasst sein. Der BFH bejaht einen entsprechenden Zusammenhang (insbesondere) dann, „wenn die öffentliche Kasse die an den konkreten Arbeitnehmer gezahlte Vergütung nachträglich erstattet oder die entsprechenden Mittel im Vorhinein gewährt, um es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, die Arbeitsvergütung zu bezahlen“. Eine „betragsmäßige Übereinstimmung (i. S. einer Erstattung konkret angefallener Arbeitsvergütungen)“ sei nicht erforderlich.

3 Der BFH bestätigte daneben seine Auslegung der sogenannten Entwicklungshilfeklauseln in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Entwicklungs- und Schwellenländern, die den Anwendungsbereich des Kassenstaatsprinzips modifizieren. Er vertritt – wie bereits zuvor im Urteil vom 7. Juli 2015 (Az. I R 42/13, BStBl II 2016 S. 14) in Gestalt eines obiter dictum – die Auffassung, dass sich der Begriff der „Ausschließlichkeit“ auch auf Vergütungsteile beziehen kann. So sei dem Ausschließlichkeitsgebot auch dann Genüge getan, wenn bei Vorliegen mehrerer Projekte Vergütungsteile „vertikal“ abspaltbar sind, die sich einem bestimmten Entwicklungshilfeprojekt zuordnen lassen und die – bezogen auf das einzelne Projekt – allein von dem finanzierenden Vertragsstaat herrühren. Anders sei die Sachlage jedoch bei Mischfinanzierung eines einheitlichen Projekts (im vorliegenden Fall aus Mitteln des Bundeshaushalts und aus Mitteln der EU). Eine „horizontale“ Abspaltung von inländischen Finanzierungsanteilen innerhalb eines einheitlichen Projekts komme hier nicht in Betracht, da hierdurch das Ausschließlichkeitserfordernis außer Kraft gesetzt und die Grenze der zulässigen Wortlautauslegung überschritten werde.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze dieses Urteils

  • bezogen auf die Anwendung der Entwicklungshilfeklausel der DBA (Rz. 18 bis 21 dieses Schreibens) in allen offenen Fällen,
  • für den Steuerabzug vom Arbeitslohn erstmals auf den laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31. Dezember 2019 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2019 zufließen, sowie
  • im Übrigen ab dem Veranlagungszeitraum 2020 anzuwenden.

Davon abweichend ist eine Aufteilung des Arbeitslohns nach Randziffer 12 in allen offenen Fällen vorzunehmen, soweit sich dadurch eine Verminderung der nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG steuerpflichtigen Einkünfte ergibt.

Für die Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG, der Entwicklungshilfeklausel in DBA sowie des Auslandstätigkeitserlasses gilt danach das im Schreiben Aufgeführte:

(…)