FG Niedersachsen, Mitteilung vom 18.12.2024 zum Urteil 5 K 40/22 vom 15.08.2024 (nrkr - BFH-Az.: XI R 27/24)
Bereits mit Urteil vom 15. August 2024 hat der 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts dem klagenden Unternehmer einen sog. Direktanspruch (auch „Reemtsma-Anspruch“) gewährt.
Nach diesem aus dem Unionsrecht hergeleiteten Anspruch kann ein Leistungsempfänger die zu Unrecht vom Leistenden in Rechnung gestellte Umsatzsteuer direkt vom Fiskus (zurück-)verlangen, wenn die Geltendmachung der Erstattung vom Leistenden unmöglich oder übermäßig erschwert ist. Der Direktanspruch geht zurück auf eine Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2007 (EuGH-Urteil vom 15.03.2007, C-35/05 Reemtsma Cigarettenfabriken, HFR 2007, 515), nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 30.06.2015, VII R 30/14, BFHE 250, 34) kann er im Wege einer Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163 und 227 AO geltend gemacht werden. Die Finanzverwaltung erkennt die Existenz des Direktanspruchs grundsätzlich an und hat in einem BMF-Schreiben vom 12.04.2022 (Az. III C 2 – S 7358/20/10001, BStBl I 2022 S. 652) Kriterien für seine Gewährung aufgestellt.
Im vorliegenden Fall war die leistende GmbH zwischenzeitlich wegen Vermögenslosigkeit gelöscht und aufgelöst worden, zudem war für den Erstattungsanspruch Verjährung eingetreten, auf die sich das beklagte Finanzamt (akzessorisch) berief. Das Gericht gelangt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Löschung wegen Vermögenslosigkeit des Leistenden einen Direktanspruch begründet und das Finanzamt sich unabhängig davon, ob der Leistende die Einrede der Verjährung selbst erhoben hat, nicht auf diese berufen kann, wenn der Direktanspruch bereits aus einem anderen Grund besteht.
Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden (Aktenzeichen des BFH: XI R 27/24).
Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, Newsletter 12/2024