Umsatzsteuer - 20. November 2020

Deutsche Verwaltungspraxis bei der MwSt-Erstattung an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige verstößt gegen MwSt-Richtlinie

DATEV Informationsbüro Brüssel, Mitteilung vom 20.11.2020

Dem EuGH-Verfahren C-371/19 liegt eine Beschwerde über die Verfahrensweise der deutschen Steuerbehörden bei der Erstattung der Mehrwertsteuer an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige zugrunde, die bei der EU-Kommission eingereicht wurde. Demnach wurden zahlreiche Erstattungsanträge abgelehnt, weil Angaben zu gemeldeten erworbenen Gegenständen oder erbrachten Dienstleistungen als unzureichend oder nicht angemessen angesehen worden seien, ohne dass die Behörden versucht hätten, den Sachverhalt aufzuklären und zusätzliche Informationen anzufordern. Die EU-Kommission hatte Klage vor dem EuGH eingereicht, da Deutschland ihrer Ansicht nach u. a. gegen die MwSt-Richtlinie (Art. 170 und 171 der Richtlinie 2006/112) verstoße, indem es systematisch Anträge auf MwSt-Erstattung wegen Unvollständigkeit der genannten Informationen ablehne.

Der EuGH hat am 18.11.2020 wie folgt entschieden:

„Die Bundesrepublik Deutschland hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer und die praktische Wirksamkeit des Anspruchs der nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässigen Steuerpflichtigen auf Erstattung der Mehrwertsteuer dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 170 und 171 der Richtlinie 2006/112/EG […] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG […] sowie aus Art. 5 der Richtlinie 2008/9/EG […] zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige verstoßen, dass sie die Anträge auf Erstattung der Mehrwertsteuer abgelehnt hat, die vor dem 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahrs gestellt wurden, denen aber nicht die Kopien der Rechnungen oder der Einfuhrdokumente, die gemäß Art. 10 der Richtlinie 2008/9 von den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Erstattung verlangt werden, beigefügt sind, ohne die Antragsteller zuvor aufzufordern, ihre Anträge durch die – erforderlichenfalls nach diesem Zeitpunkt erfolgende – Vorlage dieser Kopien zu ergänzen oder sachdienliche Informationen vorzulegen, die die Bearbeitung dieser Anträge ermöglichen.“

Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel