Finanzgerichtsordnung - 10. Juni 2021

BFH zur Verfahrensaussetzung bei zweifelhafter Annahme einer typisch stillen Gesellschaft

BFH, Urteil VIII R 46/18 vom 12.04.2021

Leitsatz

  1. Erscheint es möglich, dass Einnahmen aus einer Beteiligung an einem Handelsgewerbe als atypisch stiller Gesellschafter im Rahmen einer Mitunternehmerschaft erzielt werden, muss das FG das Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides, in dem Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erfasst sind, gemäß § 74 FGO aussetzen, bis durch einen – positiven oder negativen – Bescheid entschieden ist, ob eine gesonderte und einheitliche Feststellung geboten ist. Unterbleibt dies, liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor.
  2. Bleibt das Mitunternehmerrisiko eines stillen Gesellschafters hinter der Rechtsstellung zurück, die das HGB dem Kommanditisten zuweist, ist gleichwohl von einem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis auszugehen, wenn die Möglichkeit des stillen Gesellschafters zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist. Diese Möglichkeit kann sich bei einer GmbH & Still auch aus der Stellung des stillen Gesellschafters als Geschäftsführer oder Prokurist der GmbH ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 13.07.2017 – IV R 41/14, BFHE 258, 459, BStBl II 2017 S. 1133).

Quelle: BFH