Körperschaftsteuer - 22. Dezember 2020

Außerbilanzielle Hinzurechnung von Fremdwährungsverlusten aus Forderungen gegen eine ausländische Tochtergesellschaft

FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 22.12.2020 zum Urteil 3 K 1486/19 vom 24.09.2020 (nrkr - BFH-Az.: I R 41/20)

Auch Währungsverluste aus einer Darlehensgewährung wirtschaftlich vergleichbaren Forderung gehören zu den bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigenden Gewinnminderungen nach § 8b Abs. 3 Sätze 4 bis 7 Körperschaftsteuergesetz (KStG).

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland. Der weltweite Vertrieb ihrer Produkte und Dienstleistungen erfolgt überwiegend über konzerneigene Tochtergesellschaften, in Brasilien durch die die B Ltda (GBR). Für ihre in Landeswährung in Rechnung gestellten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gewährte die Klägerin der GBR ein Zahlungsziel von 90 Tagen. Die Begleichung der Forderungen erfolgte bis Mitte des Jahres 2016 regelmäßig erst 7 bis 9 Monate nach Rechnungstellung. Im Streitjahr 2014 ergaben sich für Umsätze, bei denen zwischen Nettofälligkeit und Ausgleich mindestens 90 Tage vergangen waren, nach der Saldierung mit Währungsgewinnen noch Währungsverluste von xxx Euro, die der Höhe nach nicht streitig sind. Das Finanzamt (FA) vertrat die Auffassung, dass die Währungsverluste gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG außerbilanziell hinzuzurechnen seien. Sofern die Rechnungen erst später als 90 Tage nach der vereinbarten Fälligkeit beglichen worden seien, sei ein darlehensähnliches Verhältnis im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG anzunehmen. Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Rechtsauffassung des FA und wies die Klage ab.

Aus den Gründen

Die GBR sei eine mit einer deutschen GmbH vergleichbare Kapitalgesellschaft, deren Leistungen bei der Klägerin zu Einnahmen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) führen. Hinsichtlich ihrer Beteiligung an der GBR unterliege die Ermittlung des Einkommens der Klägerin damit den in § 8b Abs. 2 und 3 KStG normierten Regelungen.

Nach § 8b Abs. 3 Sätze 3 und 4 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen. Zu den Gewinnminderungen gehören auch solche im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung, wenn das Darlehen von einem Gesellschafter gewährt wird, der – wie die Klägerin an der GBR – wie im Streitfall- zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt war. Entsprechendes gilt nach § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG für Forderungen aus Rechtshandlungen, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich vergleichbar sind.

Darlehensähnliches Verhältnis bei „stehengelassener“ Forderung

Im Streitfall liege in dem „Stehenlassen“ bzw. dem Unterlassen der Geltendmachung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegenüber der GBR eine mit einer Darlehensgewährung wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung im Sinne von § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG. Unter dem Aspekt einer Gleichbehandlung mit Eigenkapital bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Überlassung von Liquidität durch das Unterlassen der Geltendmachung („Stehenlassen“) einer fälligen Forderung des Gesellschafters aus Lieferungen und Leistungen mit der Überlassung von Liquidität in Form eines Gesellschafterdarlehens wirtschaftlich vergleichbar sein könne. Ab welchem Zeitpunkt eine Vergleichbarkeit des „Stehenlassens“ mit der Darlehensgewährung gegeben sei, hänge von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Im Streitfall liege in dem Überschreiten des mit der GBR vereinbarten marktüblichen Zahlungsziels von 90 Tagen um mindestens weitere 90 Tage eine Rechtshandlung, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich vergleichbar sei. Es habe sich dabei um eine durch die wirtschaftlich angespannte Situation der GBR gebotene Stützungsmaßnahme gehandelt. Dies bedeute, dass das „Stehenlassen der Forderungen“ eine auf kaufmännischen Überlegungen fußende bewusste Überlassung von Liquidität für mindestens drei Monate darstelle, um die Deckung des Finanzbedarfs der GBR zu sichern.

Kein Nachweis der Fremdüblichkeit

Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte (§ 8b Abs. 3 S. 6 KStG). Die gesetzlich eingeforderten „sonst gleichen Umstände“ seien die konkreten tatsächlichen Gegebenheiten, in welche der Darlehensnehmer (GBR) gestellt sei. Entstehe eine Gewinnminderung bei Fremdwährungsdarlehen nur in Folge von Wechselkursänderungen und entspreche die Darlehensgewährung dem Fremdüblichen, sei insoweit der Drittvergleich als erbracht anzusehen. Entgegen dem klägerischen Vortrag könne dieser Nachweis nicht damit geführt werden, dass die Klägerin bei strategisch wichtigen Kunden fällige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen für eine gewisse Zeit nicht beigetrieben habe. Vielmehr sei nachzuweisen, dass fremde Dritte der GBR (unverzinsliche) Darlehen gewährt bzw. bei Aufrechterhaltung der Lieferbeziehung auf die Beitreibungsmaßnahmen fälliger, in Landeswährung fakturierter Forderungen verzichtet hätten.

Auch Währungsverluste gehören zu den Gewinnminderungen i. S. von § 8b Abs. 3 KStG

Der Wortlaut von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG umfasse auch Gewinnminderung infolge von Wechselkursänderungen. Eine Differenzierung zwischen „beteiligungstypischen“ Verlusten und „marktspezifischen“ Verlusten sei im Wortlaut der Norm nicht angelegt.

Keine einschränkende Auslegung (teleologische Reduktion) bei Währungsverlusten

Der Gesetzgeber habe mit § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG die zuvor mögliche (und ggf. auch missbräuchliche) Umgehung des mit der Steuerbefreiungsvorschrift des § 8b Abs. 2 KStG korrespondierenden Abzugsausschlusses in § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG durch die Hingabe von Gesellschafterdarlehen verhindern wollen. Dabei sei er typisierend bei Darlehen, die der zu mehr als 25 Prozent beteiligte Gesellschafter an die Gesellschaft gibt, von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung des Darlehens ausgegangen.

Entgegen von Stimmen in der Literatur sehe der Senat angesichts des klaren Gesetzeswortlauts unter den Gegebenheiten des Streitfalles keine Möglichkeit für eine einschränkende Auslegung (teleologische Reduktion) des § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG dahingehend, dass durch Währungsverluste bedingte Gewinnminderungen von deren Anwendungsbereich auszunehmen sei. Die Entscheidung über die steuerliche Behandlung von Fremdwährungsverlusten (und korrespondierenden Währungsgewinnen) sei eine rechtspolitische Entscheidung, die dem Gesetzgeber vorbehalten sein sollte. Den Befürwortern einer einschränkenden Auslegung der Vorschrift im Hinblick auf Währungsverluste sei zwar zuzugeben, dass die Höhe der Währungsverluste seitens des Gesellschafters nicht beeinflussbar ist und daher die Gefahr einer planmäßigen Umgehung der Abzugsverbote nicht zu befürchten sei. Jedoch sei zu bedenken, dass die Unterscheidung zwischen „marktspezifischen“ und „beteiligungsspezifischen“ Verlusten nicht immer mit der notwendigen Eindeutigkeit getroffen werden könne. Insbesondere könne die der Entstehung von Währungsverlusten zwingend vorausgehende Entscheidung des Gesellschafters, Lieferungen an die Tochtergesellschaft in Fremdwährung zu fakturieren oder Darlehen in Fremdwährung zu begeben, eine durch die Beteiligung veranlasste Entscheidung sein.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 4/2020