LG Coburg, Pressemitteilung vom 07.11.2019 zum Urteil 24 O 15/19 vom 23.05.2019
Die Klägerin war im Winter auf einem Wanderweg gestürzt und hatte sich hierbei verletzt. Von der Beklagten verlangte sie Schadensersatz wegen Verletzung der Räum und Streupflicht. Das Landgericht Coburg wies die Klage ab.
Ende Februar 2018 war die Klägerin auf einem öffentlich beworbenen Wanderweg auf dem Gebiet der später verklagten Stadt auf das Plateau eines Berges gewandert. Schon auf dem Hinweg erkannte die Klägerin, dass der Weg zwar stellenweise gestreut worden war. Man konnte jedoch auch Stellen erkennen, die nicht gestreut und deshalb glatt waren. Auf dem Rückweg stürzte die Klägerin und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu.
Im Prozess behauptete die Klägerin, sie sei wegen einer Vereisung des Weges gestürzt. Vor und auch nach dieser Stelle sei der Weg jedoch geräumt und gestreut gewesen. Die glatte Stelle habe die Klägerin nicht erkennen können. Der Sturz sei trotz der Unterstützung durch ihren Lebensgefährten nicht zu vermeiden gewesen.
Die Klägerin meint, u. a. wegen der ordnungsgemäßen Räumung und Streuung des Weges zu Beginn ihrer Wanderung hätte sie darauf vertrauen dürfen, dass der gesamte Weg ausreichend gesichert sein wird.
Die Beklagte verwies darauf, dass ein Winterdienst auf den gesamten unbefestigten Wald und Feldwegen im Anschluss an einen Ausflugsparkplatz nicht mehr durchgeführt werde. Dies sei auch gar nicht möglich.
Das Landgericht Coburg stellte in seiner Entscheidung zunächst klar, dass eine Räum- und Streupflicht nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz nur für Straßen und Wege innerhalb geschlossener Ortschaften existiert. Ein solcher Weg war hier jedoch nicht betroffen, sodass lediglich die Verletzung einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht zu prüfen war.
In diesem Zusammenhang wies das Gericht erneut darauf hin, dass nur diejenigen Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, die erforderlich und zumutbar sind.
Eine völlige Gefahrlosigkeit des Weges muss hierdurch gerade nicht erreicht werden. Es ist vielmehr nur denjenigen Gefahren zu begegnen, mit denen ein durchschnittlicher Wanderer im Normalfall gerade nicht rechnen muss.
Die Klägerin hatte jedoch angegeben, der Weg sei schon auf dem Hinweg zum Bergplateau immer wieder stellenweise glatt gewesen. Schon allein deshalb musste sie nach der Entscheidung des Landgerichts auch auf dem Rückweg mit glatten Passagen rechnen, entsprechend vorsichtig sein und sich zur Vermeidung eines Sturzes eben notfalls auch auf dem „Hosenboden“ fortbewegen.
Auch die Argumentation der Klägerin, sie habe ja notgedrungen den Rückweg talwärts antreten müssen, auf dem sie letztendlich stürzte, ließ das Gericht nicht gelten. Danach hätte die Klägerin vielmehr schon vom Hinweg absehen müssen, nachdem sie erkannt hatte, dass der Weg entgegen ihrer Vermutung gerade nicht durchgängig geräumt und gestreut war. Weil sie sich aber dennoch zum weiteren Aufstieg entschlossen hatte, bleiben der Sturz auf dem Rückweg und seine Folgen ihr eigenes Risiko.
Die Beklagte muss dafür nicht aufkommen.