BRAK, Mitteilung vom 19.09.2024
Mit dem „Gebäudetyp E“-Gesetz will das Bundesjustizministerium es erleichtern, innovativ und kostengünstig Wohnungen zu bauen. Dazu soll bei Bauverträgen leichter von Standards abgewichen werden können. Nach Ansicht der BRAK schaffen die geplanten Neuregelungen jedoch Folgeprobleme.
Das Schlagwort „Gebäudetyp E“ bezeichnet die Forderung nach einfacheren, flexibleren Planungsmöglichkeiten für den Wohnungsneubau. Die Baukosten sind in den vergangenen Jahren unter anderem wegen erhöhter Baustandards gestiegen. Die Konferenz der Bauministerinnen und -minister der Länder hat darauf reagiert, indem sie in der Musterbauordnung eine Vorschrift einführte, die es erleichtert, von bauordnungsrechtlichen Vorgaben abzuweichen. Diese Vorschrift wurde von einigen Ländern bereits in den Landesbauordnungen umgesetzt bzw. soll noch umgesetzt werden.
Auch im Bereich des Zivilrechts werden Vereinfachungen gefordert. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Werk nur dann mangelfrei, wenn es den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Diese sind aber nicht sicherheitsrelevant und innovative Bauweisen werden dadurch faktisch ausgeschlossen. Um Abweichungen zu vereinbaren, müssen umfangreiche Aufklärungs- und Hinweispflichten eingehalten werden.
Mit dem vom Bundesministerium der Justiz Ende Juli als Referentenentwurf vorgelegten Gesetz zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz) soll es fachkundigen Unternehmern erleichtert werden, Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik zu vereinbaren. Dazu sollen neue Regelungen für Gebäudebauverträge sowie für Architekten- und Ingenieurverträge und Bauträgerverträge geschaffen werden. Ziel ist es, der Krise im Wohnungsbau auch im Bereich des Zivilrechts entgegenzuwirken.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK die Zielsetzung des Entwurfs, durch Änderungen des Bauvertragsrechts im BGB einfaches, innovatives und kostengünstiges Bauen zu erleichtern und so insbesondere den Wohnungsneubau zu fördern. Die Änderungsvorschläge zu §§ 650a und 650o BGB n. F. hält die BRAK hierfür in der vorliegenden Form jedoch nur für bedingt geeignet. Denn durch sie würden neue rechtliche Bewertungsprobleme geschaffen, die zur Verunsicherung bei den Baubeteiligten und am Immobilienmarkt beitragen und zu vermehrten Rechtsstreitigkeiten führen können.
Zudem würden die geplanten Änderungen dazu führen, dass Gebäude mit unterschiedlichen Standards und unterschiedlicher Wertigkeit errichtet werden. Dies könne Folgeprobleme unter anderem im Kauf- und Mietrecht herbeiführen.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kritisiert die BRAK zudem, dass bautechnische Normen für die Baubeteiligten regelmäßig nur schwer zugänglich sind. Für eine rechtliche Bewertung seien diese Normen unerlässlich, könnten jedoch ausschließlich kostenpflichtig über privatwirtschaftlich getragene Stellen erworben werden.
Ob die geplante Ausnahmevorschrift, nach der Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik nicht automatisch einen Sachmangel darstellen sollen, zu einer Vereinfachung führen kann, bezweifelt die BRAK. Denn der Entwurf regelt nicht, im welchem Umfang der Besteller informiert werden muss; daher wird im Zweifel von einer umfassenden Informationspflicht auszugehen sein, die auch nach der bisherigen Rechtsprechung gilt.
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Berlin – Ausgabe 19/2024