Zivilrecht - 24. September 2021

Wann haftet ein Dachdecker für einen Dachstuhlbrand?

LG Koblenz, Pressemitteilung vom 15.09.2021 zum Urteil 1 O 234/17 vom 02.08.2021 (rkr)

Wann haftet ein Dachdecker für einen Dachstuhlbrand? – Diese Frage hatte die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.

Sachverhalt

Die beiden Beklagten führten im Juli 2016 Dacharbeiten an einem Gebäude aus und verlegten hierbei unter anderem Schweißbahnen, indem sie diese mit einem Schweißbrenner verklebten. Am Abend gegen 21.00 Uhr kam es sodann zu einem Dachstuhlbrand an diesem Gebäude. Die Klägerin kam als Gebäudeversicherer für die Feuerschäden auf. Sie nimmt die beiden Beklagten wegen Sorgfaltspflichtverletzungen bei Ausführung der Arbeiten für die von ihr gezahlte Versicherungssumme in Höhe von knapp 70.000 Euro in Regress, da sie der Ansicht ist, dass die Beklagten das Dach weder ausreichend mit feuerfesten Abdeckungen geschützt hätten noch eine ausreichende Brandwache gehalten hätten.

Entscheidung

Das Landgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen, da es sich nicht davon überzeugen konnte, dass die Beklagten den Dachstuhlbrand schuldhaft verursachten, ihnen also Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last zu legen sei.

Etwaige vertragliche Schadensersatzansprüche kamen hier schon deshalb nicht in Betracht, da es sich um sog. Schwarzarbeit handelte. Bei einem Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG sind Verträge jedoch gemäß § 134 BGB nichtig, sodass aus diesen Verträgen beiderseits keine Ansprüche hergeleitet werden können.

Auch eine deliktische Haftung nach § 823 BGB sah das Landgericht Koblenz hier nicht als erwiesen an. Zwar gab es für das Landgericht keinen Zweifel daran, dass der Dachstuhlbrand durch die Arbeiten der beiden Beklagten mit dem Schweißbrenner verursacht wurde, da keine ernsthaften Alternativursachen ersichtlich waren. Auch verstieß die Ausführung der Arbeiten gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik, da die gewählte Ausführungsart nur für Flachdächer geeignet gewesen ist und nicht für Steildächer. Diese Abweichung in der Ausführungsart war jedoch zum einen nicht ursächlich für die Entstehung des Brands. Zum anderen handelte es sich bei der gewählten Ausführungsart um den ausdrücklichen Wunsch des Gebäudeinhabers, der selbst berufsbedingt fachkundig war. Wenn ein Fachkundiger zur Kostenersparnis selbst die Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik wünscht, kann er sich jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB nachher bei Haftungsfragen nicht auf diese abweichende Ausführungsart berufen. In der Konsequenz kann sich im Anschluss auch die Versicherung, auf die der Anspruch des Gebäudeeigentümers übergegangen ist, nicht auf diese Abweichung von den Regeln der Technik berufen.

Eine Verletzung der Sicherheitsvorschriften der Berufsgenossenschaft über Brandschutz bei feuergefährlichen Arbeiten durch die Beklagten konnte dagegen nicht festgestellt werden. Allein die Entstehung des Brands ist als Nachweis nicht geeignet, da selbst bei Einhaltung dieser Vorschriften die Entstehung eines Brands nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht sicher vermieden werden kann. Durch die bereits vorhandenen alten Dachbahnen und die überlappenden Dachschindeln lag nach dessen Feststellungen bereits ein mehrlagiger Schutz der Dachschalung gegen die Flamme des Schweißgeräts vor. Löcher in den unteren Schichten seien leicht sichtbar und müssten entsprechend zunächst nachgearbeitet werden. Einen entsprechenden Fehler der Beklagten hierbei konnte der Sachverständige nicht feststellen. Zudem ist eine Mindestdauer für eine Brandwache in den Sicherheitsvorschriften der Berufsgenossenschaft nicht geregelt.

Hinweis zur Rechtslage

Auszug aus dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung

§ 1 Zweck des Gesetzes

(1) Zweck des Gesetzes ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung.

(2) 1Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei

  1. als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt,
  2. als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
  3. als Empfänger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt,
  4. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (§ 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (§ 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat oder
  5. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung).

2Schwarzarbeit leistet auch, wer vortäuscht, eine Dienst- oder Werkleistung zu erbringen oder ausführen zu lassen, und wenn er selbst oder ein Dritter dadurch Sozialleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch zu Unrecht bezieht.

Auszug aus dem bürgerlichen Gesetzbuch

§ 134 Gesetzliches Verbot

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

§ 242 Leistung nach Treu und Glauben

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

§ 823 Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) 1Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. 2Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Quelle: LG Koblenz