LG Berlin II, Pressemitteilung vom 11.10.2024 zum Urteil 66 S 24/24 vom 30.09.2024
Das Landgericht Berlin II hat eine Wohnungsbaugesellschaft zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 11.000 Euro wegen einer Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verurteilt. Die Vermieterin habe den Mieter wegen seiner Behinderung diskriminiert.
Der Kläger sitzt im Rollstuhl. Um sein Wohnhaus eigenständig verlassen oder betreten zu können, verlangten er und sein Ehemann von der Vermieterin die Zustimmung zum Bau einer Rampe. Die Vermieterin verweigerte diese, sodass die Frage in einem weiteren gerichtlichen Verfahren geklärt werden musste. Laut der dortigen Entscheidung des Landgerichts Berlin II musste die Vermieterin die Zustimmung zum Bau einer Rampe erteilen.
Im hiesigen Berufungsverfahren sprach das Gericht dem Mieter nun eine Entschädigung zu, weil die Vermieterin ihn aufgrund seiner Behinderung diskriminiert habe. Grundlage ist das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot nach § 19 AGG. Danach ist eine Benachteiligung, z. B. wegen einer Behinderung, auch in zivilrechtlichen Massengeschäften unzulässig. Vermietung von Wohnraum fällt darunter, sofern Vermieter insgesamt mehr als 50 Wohnungen vermieten, was vorliegend der Fall ist.
Da die Vermieterin die Zustimmung zum Bau der Rampe über zwei Jahre bis zur Entscheidung des Landgerichts verwehrte, habe sie den Mieter durch Unterlassen unmittelbar benachteiligt. Sie sei nach § 5 AGG verpflichtet gewesen, die Benachteiligung des Klägers durch positive Maßnahmen, z. B. die Erteilung der Zustimmung zum Bau einer Rampe, zu beseitigen. Dieser Handlungspflicht sei die Vermieterin nicht nachgekommen. Im Vergleich zu anderen Mietern ohne (körperliche) Behinderung sei ihm der Zugang zur Wohnung rechtswidrig versagt worden.
Die Höhe der Entschädigung begründet das Gericht mit den gravierenden Folgen der Benachteiligung für den Kläger und dem Verhalten der Vermieterin. Aus Sicht des Gerichts handelte diese nicht problemorientiert, sondern verweigerte zwei Jahre lang hartnäckig die Zustimmung zum Bau der Rampe aus pauschalen Gründen, die nicht ansatzweise zu überzeugen vermochten. Ohne Hilfe Dritter war es dem Kläger nicht möglich, die vorhandenen sechs Treppenstufen zu überwinden und er konnte das Haus nicht spontan verlassen oder betreten. Er war dadurch in seiner Bewegungs- und Handlungsfreiheit stark eingeschränkt.
Quelle: Kammergericht Berlin – Landgericht Berlin II