Biozidverordnung - 30. Juni 2020

Verbot des Inverkehrbringens zweier Desinfektionsmittel

VG Osnabrück, Pressemitteilung vom 29.06.2020 zum Beschluss 3 B 37/20 vom 29.06.2020 (nrkr)

Mit Beschluss vom 29. Juni 2020 hat die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück den Eilantrag einer Produzentin für Desinfektionsmittel (Antragstellerin) auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die ihr gegenüber vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück (Antragsgegner) ausgesprochene Verbotsverfügung abgelehnt.

Der Antragsgegner hatte der Antragstellerin mit Verfügung vom 13. Mai 2020 das Inverkehrbringen der beiden Produkte – ein Flächendesinfektionsmittel und ein Reinigungsmittel – mit sofortiger Wirkung untersagt und sie aufgefordert, nachzuweisen, dass sämtliche Kunden per Rückrufaktion am Weiterverkauf gehindert werden. Die Produkte verstießen gegen die rechtlich verbindlich einzuhaltenden Vorgaben für Desinfektionsmittel, seien nicht entsprechend gekennzeichnet und deren Ethanolgehalt von nur 50 % nicht ausreichend. Deren beworbene bakterizide, levurozide und begrenzt viruzide Wirkung sei nicht sichergestellt. Entgegen der gesetzlichen Vorgaben seien die Produkte jedoch in Verbrauchermärkten und im Internet einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.

Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und begehrte vor dem Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Sie verweist im Wesentlichen auf zwei zwischenzeitlich eingeholte Prüfberichte eines akkreditierten Prüflabors, das die Wirksamkeit des Flächendesinfektionsmittels gegen Bakterien, Pilze und gegen das Corona-Virus (SARS-CoV-2) geprüft und bestätigt habe.

Der Antrag blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte die Kammer aus, die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin sei rechtmäßig, da die fraglichen Desinfektionsmittel nicht verkehrsfähig seien. Es liege weder eine Zulassung nach der hier anwendbaren Biozidverordnung vor, noch dürften die Produkte im Rahmen bestehender Übergangsregelungen auf den Markt gebracht werden. Zwar könnten Biozidprodukte, darum handele es sich hier, auch dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie über eine Ausnahmezulassung nach der Biozidverordnung verfügten.

Eine derartige Ausnahmezulassung existiere in Form einer Allgemeinverfügung (AV) der Bundesanstalt für Arbeitsschutz zur Zulassung ethanolhaltiger Biozidprodukte zur Flächendesinfektion, die im Zuge der Corona-Pandemie Anfang April 2020 erlassen worden sei. Die Produkte der Antragstellerin hielten jedoch die Vorgaben dieser Allgemeinverfügung nicht ein. Entgegen der Allgemeinverfügung seien sie nicht nur an berufsmäßige Verwender abgegeben worden, sondern auch an sonstige Kunden, der Ethanolgehalt betrage lediglich rund 50 %, während die AV einen Ethanolgehalt von 80 % vorschreibe und eine biozidrechtliche Zulassung der Rezeptur liege weder vor, noch sei rechtzeitig ein derartiger Antrag auf Zulassung nach der Biozidverordnung gestellt worden. Deshalb sei es unerheblich, ob die Antragstellerin inzwischen mithilfe des Prüflabors einen Wirksamkeitsnachweis erbracht habe. Überdies bestätige der Prüfbericht jedenfalls auch keine begrenzt viruzide Wirkung. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Antragstellerin sich an das Verbot des Inverkehrbringens halte, da deren Produkte – verbotswidrig – jedenfalls online noch zum Verkauf angeboten würden.

Der Beschluss (Az. 3 B 37/20) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung mit der Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.