Solvabilität II - 22. September 2021

Überarbeitung der EU-Versicherungsvorschriften: Anreize für Versicherer zu Investitionen in die Zukunft Europas

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 22.09.2021

Die Europäische Kommission hat am 22.09.2021 umfassende Vorschläge zur Überarbeitung der EU-Versicherungsvorschriften („Solvabilität II“) angenommen, die dazu beitragen sollen, dass die Versicherungsunternehmen ihre langfristigen Investitionen in die Erholung Europas von der COVID-19-Pandemie erhöhen können.

Die heutige Überarbeitung zielt auch darauf ab, die Branche für Versicherungen und Rückversicherungen (d. h. Versicherungen für Versicherungsunternehmen) resilienter zu machen, sodass sie besser für künftige Krisen gewappnet ist und die Versicherungsnehmer besser schützen kann. Außerdem sollen für bestimmte kleinere Versicherungsgesellschaften vereinfachte und verhältnismäßigere Vorschriften eingeführt werden.

Versicherungsverträge sind für viele Menschen sowie für die Unternehmen in Europa von wesentlicher Bedeutung, denn sie schützen die Menschen im Falle unvorhergesehener Ereignisse vor finanziellen Verlusten. Versicherungsunternehmen spielen auch für die europäische Wirtschaft eine wichtige Rolle, da sie Ersparnisse in die Finanzmärkte und die Realwirtschaft lenken und so den Unternehmen in Europa langfristige Finanzmittel zur Verfügung stellen.

Die heutige Überarbeitung umfasst folgende Bestandteile:

  • einen Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung der Solvabilität-II-Richtlinie (Richtlinie 2009/138/EG),
  • eine Mitteilung zur Überarbeitung der Solvabilität-II-Richtlinie,
  • einen Gesetzgebungsvorschlag für eine neue Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen.

Umfassende Überarbeitung von Solvabilität II

Die heute vorgeschlagene Überarbeitung soll es den europäischen Versicherern ermöglichen, einen größeren Beitrag zur Finanzierung der Erholung zu leisten, die Kapitalmarktunion voranbringen und Mittel für den europäischen Grünen Deal bereitstellen. So könnte EU-weit kurzfristig Kapital in Höhe von rund 90 Mrd. EUR freigesetzt werden. Mit diesem Kapital könnten die (Rück-)Versicherer in ihrer Funktion als private Investoren einen größeren Beitrag zur Erholung Europas von der COVID-19-Pandemie leisten.

Die vorgesehenen Änderungen der Solvabilität-II-Richtlinie sollen zu einem späteren Zeitpunkt durch delegierte Rechtsakte ergänzt werden. In der heutigen Mitteilung führt die Kommission dieses Vorhaben näher aus.

Die Kernpunkte des heute vorgelegten Pakets sind:

  • Die heutigen Änderungen werden dazu beitragen, dass die Verbraucher besser geschützt werden und dass die Versicherungsunternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten solide bleiben.
  • Die Verbraucher (d. h. Versicherungsnehmer) werden besser über die finanzielle Lage ihres Versicherers informiert.
  • Dank einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden werden die Verbraucher beim Erwerb von Versicherungsprodukten in anderen Mitgliedstaaten besser geschützt.
  • Die Versicherungsunternehmen erhalten Anreize, mehr in langfristiges Kapital für die Wirtschaft zu investieren.
  • Die Einstufung der Finanzkraft der Versicherungsunternehmen wird bestimmten Risiken – etwa klimabezogenen Risiken – wirksamer Rechnung tragen und weniger stark von kurzfristigen Marktschwankungen beeinflusst werden.
  • Die gesamte Branche wird genauer beaufsichtigt, um einer Gefährdung ihrer Stabilität vorzubeugen.

Vorschlag für eine Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen

Mit der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen soll sichergestellt werden, dass Versicherer und einschlägige Behörden in der EU besser für erhebliche finanzielle Notlagen gewappnet sind.

Sie sieht ein neues Verfahren zur ordnungsgemäßen Abwicklung vor, das die Versicherungsnehmer sowie die Realwirtschaft, das Finanzsystem und letztendlich auch die Steuerzahler besser schützt. Die nationalen Behörden werden besser für den Fall einer Zahlungsunfähigkeit von Versicherungsgesellschaften gewappnet sein.

Durch die Einrichtung von Abwicklungskollegien werden die zuständigen Aufsichts- und Abwicklungsbehörden in der Lage sein, zeitnah und auf koordinierte Weise entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um Probleme grenzübergreifender (Rück-)Versicherungsgruppen zu lösen und die bestmöglichen Ergebnisse für die Versicherungsnehmer und die Wirtschaft insgesamt zu gewährleisten.

Die heutigen Vorschläge bauen umfassend auf fachlichen Empfehlungen vonseiten der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) auf. Sie tragen ferner den einschlägigen Arbeiten auf internationaler Ebene Rechnung, wobei auch europäische Besonderheiten berücksichtigt wurden.

Äußerungen aus dem Kollegium der Kommissionsmitglieder

Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, erklärte: „Europa braucht eine starke und dynamische Versicherungsbranche, die in unsere Wirtschaft investiert und uns bei der Bewältigung der Risiken unterstützt, mit denen wir konfrontiert sind. Die Versicherungsbranche kann dank ihrer Doppelrolle als Schutzinstanz und Investor zum Grünen Deal und zur Kapitalmarktunion beitragen. Die heutigen Vorschläge werden dafür sorgen, dass die Vorschriften dank einer angemesseneren Ausgestaltung weiterhin ihren Zweck erfüllen.

Die für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion zuständige Kommissarin Mairead McGuinness ergänzte: „Der heutige Vorschlag wird die Versicherungsbranche in die Lage versetzen, ihr Potenzial zur Unterstützung der EU-Wirtschaft auszuschöpfen. So ermöglichen wir Investitionen in die Erholung und darüber hinaus. Außerdem fördern wir die Teilnahme der Versicherungsunternehmen an den Kapitalmärkten der EU, sodass langfristige Investitionen bereitgestellt werden, die für eine nachhaltige Zukunft von großer Bedeutung sind. Die fortschreitende Kapitalmarktunion ist sehr wichtig für unsere grüne und digitale Zukunft. Dabei tragen wir auch der Verbraucherperspektive gebührend Rechnung. Somit können die Versicherungsnehmer sicher sein, dass sie in Zukunft besser geschützt sind, wenn ihr Versicherer in Schwierigkeiten gerät.

Nächste Schritte

Die genannten Gesetzgebungsvorschläge werden nun im Europäischen Parlament und im Rat erörtert.

Quelle: EU-Kommission