Sozialversicherungsrecht - 14. Juli 2022

Sonderregelung des Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 kann im Einzelfall zu geringem Kinderzuschlag führen

LSG Sachsen, Pressemitteilung vom 14.07.2022 zum Urteil L 3 BK 10/21 vom 23.06.2022

Sächsisches Landessozialgericht sieht keinen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Grundgesetz

Das Sächsische Landessozialgericht hat am 23. Juni 2022 entschieden (Az. L 3 BK 10/21), dass für die Bemessung des Kinderzuschlags nicht – wie bisher – der Durchschnitt des Einkommens aus den sechs Monaten vor Beginn des Bewilligungszeitraums (§ 6a Abs. 8 Satz 1 Bundeskindergeldgesetz), sondern nur das Einkommen aus dem letzten Monat (Sonderregelung in § 20 Abs. 6 Satz 1 BKGG), das heißt hier im August 2020, maßgeblich ist.

Die Klägerin, Mutter von sechs Kindern, bezog bis August 2020 monatlich 703 Euro Kinderzuschlag. Ihr Ehemann wechselte zum 1. August 2020 zu einem neuen Arbeitgeber. Im August 2020 erhielt er vom alten Arbeitgeber den Lohn für Juli 2020 sowie vom neuen Arbeitgeber den für August 2020. Auf ihren Antrag bewilligte die Bundesagentur für Arbeit (BA) für den Zeitraum von September 2020 bis Februar 2021 auf der Grundlage des hohen Einkommens im August 2020 lediglich einen Kinderzuschlag in Höhe von 144 Euro monatlich.

Die Einführung der Sonderregelung des § 20 Abs. 6 Satz 1 BKGG, die vom 1. April 2020 bis zum 30. September 2020 galt, verfolgte das Ziel, das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, damit Anspruchsberechtigte während der Corona-Pandemie schneller Kinderzuschlag beziehen konnten. Der Gesetzgeber hatte zwar unter anderem die Fälle vor Augen, in denen Eltern in den Pandemiezeiten Kurzarbeitergeld beziehen oder sonst Einkommenseinbußen hinnehmen mussten. Ihm war allerdings auch bewusst, dass die neue Regelung im Einzelfall auch dazu führen konnte, dass sich ein geringerer Kinderzuschlag oder gar kein Kinderzuschlag ergeben kann. Eine Einzelfall- oder eine Härtefallprüfung sah der Gesetzgeber nicht vor. Anders als zur früheren Rechtslage waren Schwankungen in den Einkommens- oder Bedarfsverhältnissen oder sonstige Änderungen nicht relevant.

Quelle: LSG Sachsen