Berufsrecht - 16. Oktober 2024

Schöffenamt: BRAK regt Führungszeugnis als Voraussetzung an

BRAK, Mitteilung vom 16.10.2024

Das Bundesjustizministerium will die gerichtliche Geschäftsverteilung transparenter machen und die Anforderungen an Schöffinnen und Schöffen verschärfen. Die BRAK begrüßt diese Ziele, weist aber auch auf Probleme hin. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, schlägt sie vor, das Schöffenamt an ein eintragsloses Führungszeugnis zu knüpfen.

Gerichtliche Geschäftsverteilungspläne sind nach geltendem Recht zur Einsicht auszulegen. Eine Online-Veröffentlichung ist bislang nicht vorgesehen, wird aber von einigen Gerichten praktiziert. Der Ende August vorgelegte Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz will eine bundeseinheitliche Regelung schaffen, wonach die jeweils aktuelle Geschäftsverteilung hinsichtlich der hauptamtlichen Richterinnen und Richter veröffentlicht werden muss. So soll mehr Transparenz geschaffen und das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 Grundgesetz besser verwirklicht werden.

Der Referentenentwurf schärft zudem die Anforderungen an Schöffinnen und Schöffen. Nach geltendem Recht sind Personen, die rechtskräftig wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurden, nicht auf die Vorschlagsliste aufzunehmen bzw. sind von der Schöffenliste zu streichen. Weil auch bei geringeren Verteilungen das Vertrauen der Allgemeinheit und der Verfahrensbeteiligten in die Integrität und Objektivität der Strafrechtspflege beeinträchtigt sein kann, sieht der Entwurf vor, dass eine Person dann vom Schöffenamt ausgeschlossen sein soll, wenn sie wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt worden ist. Künftig sollen zudem alle Verurteilungen wegen vorsätzlicher Taten zu einer Freiheitsstrafe in den Ausschlusstatbestand aufgenommen werden.

In ihrer Stellungnahme stimmt die BRAK dem Vorhaben, dem rechtsuchenden Publikum für Geschäftsverteilungspläne den Gang zur Geschäftsstelle zu ersparen, uneingeschränkt zu. Sie betont, dass sich das Prüfen der ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung z. B. dann als sehr zeitaufwändig erweisen kann, wenn ein Verteidiger seinen Kanzleisitz weit entfernt vom Gerichtsitz hat und deshalb extra anreisen muss, um Daten zu prüfen, die über Internet sehr viel einfacher abgerufen werden könnten.

Vor dem Hintergrund verschiedener Besonderheiten im Strafprozess hält die BRAK jedoch für nicht überzeugend, dass nur die in § 21e I GVG genannten Details der Geschäftsverteilung im Internet veröffentlicht werden sollen. Sie legt im Einzelnen dar, weshalb in einigen Fällen dennoch ein Gang zur Geschäftsstelle erforderlich bleibt.

Bedenken äußert die BRAK auch dagegen, dass die Veröffentlichung von spruchkörper-internen Geschäftsverteilungsplänen unterbleiben soll.

Soweit der Referentenentwurf eine Änderung des § 32 GVG vorsieht, begrüßt die BRAK eine Anpassung durch Herabsetzung der Voraussetzungen für die „Unfähigkeit zum Schöffenamt“ aufgrund vorheriger Strafen. Allerdings kritisiert sie auch hier die geplante Umsetzung im Detail.

Begrüßenswert ist aus Sicht der BRAK, dass Straftaten nach einer gewissen, an die Grundsätze beim Bundeszentralregister angelehnten Frist für die „Unfähigkeit“ zum Schöffenamt außer Betracht bleiben sollen. Denn das Führungszeugnis gestattet in jahrzehntelanger Übung eine sinnvolle Bewertung der Schwere einer Strafe. Für nicht nachvollziehbar hält sie jedoch, dass sämtliche Verurteilungen – auch Freiheitsstrafen – wegen bloß fahrlässiger Taten wie bisher in § 32 GVG völlig unberücksichtigt bleiben sollen; dies weicht in jeder Hinsicht von den Regelungen im BZRG ab.

Für problematisch hält die BRAK ferner, dass zwar die Grenze von 90 Tagessätzen aus dem Bundeszentralregistergesetz übernommen wird, aber nicht die Einschränkungen, unter denen eine Eintragung im Führungszeugnis trotz einer geringfügigen Vorverurteilung erfolgt. Dies kann aus ihrer Sicht zu Wertungswidersprüchen führen. Um diese zu vermeiden, schlägt die BRAK vor, die Mitwirkung als Schöffin oder Schöffe von der Vorlage eines eintragslosen Führungszeugnisses abhängig zu machen.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Berlin Ausgabe 21/2024