Zivilrecht - 13. Februar 2020

Schadensersatzklage gegen das Land Hessen wegen unwirksamer Mietpreisbremse weiter erfolglos

OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 13.02.2020 zum Urteil 1 U 60/19 vom 13.02.2020 (nrkr)

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat am 13.02.2020 bestätigt, dass Mieter wegen Unwirksamkeit der sog. Mietpreisbremse vom Land Hessen keinen Schadensersatz verlangen können.

Die Mietpreisbegrenzungsverordnung, die für das Land Hessen im Jahr 2015 erlassen wurde, hatte große Teile der Stadt Frankfurt als angespannten Wohnungsmarkt festgelegt. In einem solchen Gebiet darf ein Vermieter bei der Nachvermietung nur eine Miete verlangen, die die ortsübliche Miete um höchstens 10 % übersteigt. Gestützt auf diese Verordnung hatten Mieter, deren Wohnung in Frankfurt in einem solchen Gebiet liegt, von ihrem Vermieter die Rückzahlung zu viel gezahlter Miete bzw. deren Herabsetzung verlangt. Die Hessische Mietpreisbegrenzungsverordnung ist, wie der Bundesgerichtshof (Urteil vom 17.07.2019, Aktenzeichen VIII ZR 130/18) inzwischen bestätigt hat, jedoch unwirksam, weil die beim Erlass der Verordnung zu veröffentliche Begründung gefehlt hat.

Die Klage der Mieter gegen ihre Vermieter auf Rückzahlung und Herabsetzung der Miete blieb wegen der Unwirksamkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung erfolglos.

Daraufhin hat die Klägerin, ein Rechtsdienstleistungsunternehmen, aus abgetretenem Recht der betroffenen Mieter wegen der Unwirksamkeit der Verordnung Schadensersatz vom Land Hessen verlangt. Sie wirft dem Land vor, eine unwirksame Mietpreisbewertungsverordnung erlassen zu haben. Dies stelle eine Amtspflichtverletzung mit drittschützender Wirkung dar. Den Mietern sei ein Schaden entstanden, da sie mangels wirksamer Mietpreisbegrenzungsverordnung die überhöhten Mieten nicht hätten zurückfordern können. Diese Amtshaftungsklage hat das Landgericht Frankfurt am Main abgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Berufung hat der für Staatshaftungssachen zuständige 1. Zivilsenat des OLG mit dem heute verkündeten Urteil zurückgewiesen. Das OLG hat zugrunde gelegt, dass Amtshaftungsansprüche wegen fehlerhafter Gesetzgebung im Allgemeinen nicht bestehen. Ein Anspruch wegen Amtshaftung erfordere die Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Bei der Gesetzgebung wie auch beim Erlass von Rechtsverordnungen verfolgten die rechtsetzenden Staatsorgane aber vor allem Allgemeinwohlinteressen. Daher bestehe keine unmittelbare Amtspflicht gegenüber den von einer gesetzlichen Regelung betroffenen Bürgern. Ein Ausnahmefall, dass die Verordnung konkrete Einzelpersonen betrifft, also eine Einzelfallregelung in Gesetzesform darstelle, liege bei der sog. Mietpreisbremse nicht vor.

Das OLG prüfte auch, ob Betroffene wegen enttäuschten Vertrauens entschädigt werden müssen, wenn sie auf die Gültigkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung vertrauen und deshalb eine Wohnung mit der Erwartung angemietet haben, dass sie den überhöhten Teil der Miete zurückfordern können. Ob eine solche Entschädigung grundsätzlich in Frage komme, müsse hier nicht entschieden werden, führte das OLG aus. „Im vorliegenden Fall wurden in der rechtswissenschaftlichen Literatur und in gerichtlichen Verfahren schon früh Zweifel an der Gültigkeit der hessischen Mietpreisbegrenzungsverordnung geäußert, so dass objektiv ein Vertrauen auf die Gültigkeit der Verordnung nicht gerechtfertigt war“, stellte das OLG fest.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum BGH zugelassen.

Erläuterungen:

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte mit Urteil vom 27.03.2017 (Az 2-11 S 183/17) die Hessische Mietpreisbegrenzungsverordnung für unwirksam erklärt.

§ 839 BGB Haftung bei Amtspflichtverletzung

1Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. 2Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

§ 556d BGB Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn; Verordnungsermächtigung

(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ BGB § 558 Absatz BGB § 558 Absatz 2) höchstens um 10 Prozent übersteigen.

(2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. 2Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. 3Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn

  1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
  2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,
  3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder
  4. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

4Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 muss spätestens am 31. Dezember 2020 in Kraft treten. 5Sie muss begründet werden. 6Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. 7Ferner muss sich aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem nach Satz 1 durch die Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen.

§ 556g Rechtsfolgen; Auskunft über die Miete

1Eine zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften dieses Unterkapitels abweichende Vereinbarung ist unwirksam. 2Für Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn gilt dies nur, soweit die zulässige Miete überschritten wird. 3Der Vermieter hat dem Mieter zu viel gezahlte Miete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. 4Die §§ BGB § 814 und BGB § 817 Satz 2 sind nicht anzuwenden.