Zivilrecht - 5. November 2019

Richter wegen „Besorgnis der Befangenheit“ im Verfahren um Rückabwicklung eines Elektrofahrzeuges abgelehnt

OLG Oldenburg, Pressemitteilung vom 05.11.2019 zum Beschluss 5 W 19/19 vom 03.06.2019

Welcher Richter welchen Fall entscheidet, richtet sich normalerweise nach dem „Geschäftsverteilungsplan“ eines Gerichts. Hier ist genau festgelegt, welche Eingangsnummern jeder Richter zu bearbeiten hat.

Manchmal fürchtet eine Partei, der zuständige Richter werde nicht objektiv urteilen, weil er zum Beispiel die andere Partei kennt oder der Rechtsstreit seine eigenen Interessen betrifft. Dann kann ein Richter „wegen Besorgnis der Befangenheit“ abgelehnt werden, sodass gegebenenfalls sein Vertreter die Sache weiterbearbeiten müsste. Aber wann besteht die „Besorgnis der Befangenheit“? Hierüber entscheidet der abgelehnte Richter nicht selbst, sondern sein Vertreter und in zweiter Instanz das Beschwerdegericht.

In einem aktuellen Fall ging es um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages. Eine Frau aus Oldenburg hatte ein Elektroauto gekauft und war mit der Laufleistung bei winterlichen Temperaturen unzufrieden. Sie zog vor das Landgericht Oldenburg.

Der zuständige Richter teilte mit, er nutze ein Elektroauto desselben Herstellers. Auch er habe festgestellt, dass es bei Minusgraden mit eingeschalteter Heizung oder einer Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h nicht möglich sei, von Oldenburg nach Bremen und zurück zu fahren. Er selbst habe das aber nicht als Mangel angesehen und sei nicht gegen den Verkäufer vorgegangen.

Der beklagte Händler lehnte den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Vertreter des Richters befand den Richter als nicht befangen. Er habe ja offengelegt, dass er ähnliche Erfahrungen wie die Klägerin gemacht habe und damit seine Objektivität bewiesen.

Dies wollte der beklagte Händler nicht akzeptieren. Vor dem Oberlandesgericht Oldenburg hatte er Erfolg: Es komme nicht darauf an, ob der Richter objektiv urteilen werde oder tatsächlich befangen sei. Bei einer Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit komme es nur darauf an, ob bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung bestehe, der Richter könne nicht völlig unparteiisch und unvoreingenommen sein. Dies sei vorliegend der Fall. Die Befürchtung des beklagten Händlers, der Richter könne möglicherweise den Standpunkt der Klägerin besser verstehen und sich hiervon bei seiner Entscheidung leiten lassen, sei nachvollziehbar.

Das Verfahren wird jetzt vom Vertreter des abgelehnten Richters fortgeführt.