EU-Recht - 29. September 2022

Neufassung der Energieeffizienz-Richtlinie: EU-Parlament verschärft Vorschlag

DATEV Informationsbüro Brüssel, Mitteilung vom 14.09.2022

Das EU-Parlament hat sich am 14.09.2022 zur Neufassung der Energieeffizienzrichtlinie positioniert, mit der ehrgeizigere Ziele für Energieeinsparungen sowohl beim Primär- als auch beim Endenergieverbrauch in der EU festlegt werden. Die Abgeordneten stimmten für ein höheres Ziel zur Senkung des End- und Primärenergieverbrauchs: Bis 2030 soll der Endenergieverbrauch um mind. 40% und der Primärenergieverbrauch um 42,5% (im Vergleich zu 2007) gesenkt werden. Die EU-Mitgliedstaaten sollen verbindliche nationale Energieeffizienzbeiträge zur Erreichung der Ziele festlegen. Neben dem öffentlichen Sektor sollen auch Unternehmen oder Rechenzentren einen Beitrag dazu leisten.

Einführung von Energiemanagementsystemen und Energieaudits

Als Kriterium für die Einführung von Energiemanagementsystemen und Energieaudits hatte die EU-Kommission den durchschnittlichen Verbrauch eines Unternehmens (und nicht wie bisher die Unternehmensgröße) vorgeschlagen. Das EU-Parlament hat eine Verschärfung bei den Verbrauchsschwellen vorgesehen. So müssen Unternehmen ein Energiemanagementsystem einführen, wenn ihr durchschnittlicher jährlicher Energieverbrauch aller Energieträger in den vorangegangenen drei Jahren zusammengenommen:

  • mehr als 100 TJ ab dem 01.01.2024
  • mehr als 70 TJ ab dem 01.01.2027 aufweist.

Das Energiemanagementsystem muss nach einschlägigen europäischen oder internationalen Normen zertifiziert werden.

Einem Energieaudit müssen sich Unternehmen unterziehen, wenn sie kein Energiemanagementsystem eingeführt haben und ihr durchschnittlicher jährlicher Energieverbrauch aller Energieträger in den vorangegangen drei Jahren zusammengenommen:

  • mehr als 10 TJ ab dem 01.01.2024
  • mehr als 6 TJ ab dem 01.01.2027 aufweist.

Energieaudits sind mindestens aller vier Jahre durchzuführen. Die Mindestkriterien dafür sind in Anhang VI spezifiziert. Sie müssen von einem qualifizierten oder akkreditierten branchenspezifischen Experten oder einer akkreditierten unabhängigen Stelle nach einschlägigen EU- oder internationalen Standards durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Energieaudits als auch die Empfehlungen aus diesen Audits sind der Unternehmensleitung zu übermitteln. Da Auditempfehlungen von Unternehmen nicht angemessen berücksichtigt werden, schlägt das EU-Parlament vor, dass die EU-Mitgliedstaaten eine verpflichtende Umsetzung einführen (Ausnahme: Maßnahmen, bei denen die Amortisationsdauer mehr als drei Jahre beträgt). Die Ergebnisse und die umgesetzten Empfehlungen sind von den Unternehmen im Jahresbericht aufzuführen und öffentlich zugänglich zu machen. Eine Ausnahme von der Veröffentlichungspflicht gilt für Geschäftsgeheimnisse und Informationen, die der Vertraulichkeit unterliegen.

Des Weiteren schlägt das EU-Parlament vor, dass die EU-Mitgliedstaaten alle in Frage kommenden Unternehmen dazu verpflichten können, folgende Angaben in ihrem Jahresbericht offenzulegen:

  • Informationen über den jährlichen Energieverbrauch in kWh,
  • Angaben zum jährlichen Wasserverbrauch in Kubikmetern
  • Vergleiche des jährlichen energie- und Wasserverbrauchs derselben Anlage mit den Vorjahren.

Im Hinblick auf KMU, die nicht unter die o. g. Schwellen fallen, wird vorgeschlagen, dass die EU-Mitgliedstaaten sie dazu ermutigen und technisch als auch finanziell unterstützen, sich einem Energieaudit zu unterziehen und Empfehlungen von Energieaudits umzusetzen. Beispielsweise wird die Einrichtung von Förderprogrammen, wie Energieaudit-Zentren für KMU und Kleinstunternehmen, genannt.

Rechenzentren

Insbesondere steht auch der IKT-Sektor, u. a. die Nachhaltigkeit von Rechenzentren, im Fokus mit dem Ziel einer beträchtlichen Verringerung des Energie- und Wasserverbrauchs. So sollen Eigentümer und Betreiber von Rechenzentren mit einem Strombedarf entsprechend einer installierten Leistung von 100 kW oder mehr verpflichtet werden, bis zum 15.03.2024 (und danach jährlich) die in Anhang VIa aufgeführten Informationen (Mindestanforderungen an die Überwachung und Veröffentlichung der Energieeffizienz von Rechenzentren) in einem harmonisierten Format offenzulegen. Zur Erleichterung der Offenlegung wird die EU-Kommission Leitlinien für die Überwachung und Veröffentlichung von Informationen über die Gesamtenergieeffizienz von Rechenzentren ausarbeiten.

Die EU-Kommission wird eine Datenbank einrichten und betreiben, in der diese Informationen, die die EU-Mitgliedstaaten zuvor an die EU-Kommission übermittelt haben, veröffentlicht werden. Bis 15.03.2025 soll die EU-Kommission die von den EU-Mitgliedstaaten vorgelegten Daten bewerten und dem EU-Parlament und Rat einen Bericht vorlegen. Er wird ggf. flankiert von einem Vorschlag mit weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Rechenzentren und eventuell einem Zeitrahmen, innerhalb dessen die bestehenden Rechenzentren Mindestleistungsstandards erfüllen müssen.

Die EU-Kommission ist befugt innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten der Richtlinie delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Energieeffizienzrichtlinie durch die Festlegung eines gemeinsamen Unionssystems für die Bewertung der Nachhaltigkeit der sich in ihrem Gebiet befindlichen Rechenzentren zu ändern bzw. zu ergänzen. Darin sollen u.a. die Nachhaltigkeitsindikatoren für Rechenzentren definiert oder Schlüsselindikatoren festgelegt werden. Bis zur Vorlage des delegierten Rechtsaktes werden Eigentümer und Betreiber von Rechenzentren mit einem installierten IT-Leistungsbedarf von mindestens 1 MW verpflichtet, bewährte Verfahren zu berücksichtigen, die z. B. in der aktuellen Fassung des EU-Verhaltenskodex für die Energieeffizienz von Rechenzentren, enthalten sind.

Ausblick

EU-Parlament und Rat werden jetzt in sog. informellen Beratungen das Dossier verhandeln, um einen Kompromiss zu finden. Der Rat hatte seine Position im Juni festgelegt und ist weitgehend dem Vorschlag der EU-Kommission gefolgt.

Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel