EU-Recht - 12. März 2020

Neue KMU-Strategie der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat am 10.03.2020 eine neue KMU-Strategie vorgelegt. Ziel ist es, Bürokratie abzubauen, KMU grenzübergreifende Tätigkeiten zu erleichtern, Zugang zu Finanzierungen zu gewährleisten und eine Vorreiterrolle beim digitalen und ökologischen Wandel zu übernehmen. Die Strategie enthält einen Maßnahmenkatalog, der sich auf folgende drei Bereiche fokussiert: Kapazitätsaufbau und Unterstützung des Übergangs zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, […]

Die EU-Kommission hat am 10.03.2020 eine neue
KMU-Strategie
vorgelegt. Ziel ist es, Bürokratie abzubauen, KMU grenzübergreifende Tätigkeiten zu erleichtern, Zugang zu Finanzierungen zu gewährleisten und eine Vorreiterrolle beim digitalen und ökologischen Wandel zu übernehmen.

Die Strategie enthält einen Maßnahmenkatalog, der sich auf folgende drei Bereiche fokussiert:

Kapazitätsaufbau und Unterstützung des Übergangs zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, u. a .:

  • Um KMU beim Übergang zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen zu unterstützen, soll das Enterprise Europe Network (EEN) mit speziellen Nachhaltigkeitsberatern und weiteren Nachhaltigkeitsdiensten optimiert werden.
  • In bis zu 240 Zentren für digitale Innovationen sollen KMU zielgerichtete Beratung zu Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsfragen erhalten. Das EEN wird eng mit diesen Zentren zusammenarbeiten.
  • Die EU-Kommission wird im Rahmen des Europäischen Innovationsrates zur Förderung disruptiver Innovationen, mind. 300 Mio. Euro für Start-ups und KMU bereitstellen, um Innovationen im Rahmen des Green Deals zu fördern.
  • Zum Kompetenzaufbau im Bereich KI, Cybersicherheit oder Blockchain will die EU-Kommission Kurzlehrgänge zum Thema Digitales entwickeln. Außerdem ist angekündigt, die europäische Agenda für Kompetenzen zu überarbeiten und u. a. einen Pakt für Kompetenzen mit einer eigenen KMU-Komponente vorzulegen.

Abbau der regulatorischen Hürden und Verbesserung des Marktzugangs, u. a:

  • Die EU-Kommission wird einen hochrangigen KMU-Beauftragten ernennen, der u. a. sicherstellen soll, dass neue Rechtsvorschriften KMU freundlich sind. Außerdem wird er eine große Rolle in der neuen Plattform „Fit for Future“ (neue hochrangige Gruppe, die an die Stelle der REFIT-Plattform treten soll) spielen und aus Sicht von KMU ermitteln, welche Rechtsvorschriften für KMU besonders großen Aufwand verursachen.
  • Im Hinblick auf neue Rechtsvorschriften wird das REFIT-Programm durch die Einführung des One-in-one-out Grundsatzes gestärkt und ergänzt.
  • Mit der neuen politische Initiative, dem sog. EU Start-up Nations Standard, sollen bewährte Verfahren von den Mitgliedstaaten auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene ausgetauscht und verbreitet werden, um KMU ein schnelleres Wachstum zu ermöglichen. Ziel ist es, Europa attraktiv für Start-ups und Scale-ups zu machen. Im Fokus soll u. a. die Erleichterung von Unternehmensgründungen und die grenzüberschreitende Expansion, die Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln für die Expansion und die Förderung grenzübergreifender digitaler Instrumente und Plattformen stehen.
  • Im Hinblick auf die Dienstleistungsrichtlinie sollen Partnerschaften zwischen Grenzregionen dazu beitragen, dass KMU Dienstleistungen einfacher erbringen können. Bis Ende 2020 sollen drei Pilotbereiche ermittelt werden, in denen Partnerregionen die Vorschriften und Verfahren für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung, z. B. im Bereich der Arbeitnehmerentsendung, gemeinsam koordinieren, verbessern und angleichen. Die EU-Kommission will sich dafür einsetzen, dass die EU-Mitgliedstaaten das einheitliche digitale Zugangstor KMU-freundlich umsetzen.
  • regulatorische Sandkästen: Innovative Lösungen, die noch nicht in Verordnungen oder Leitlinien berücksichtigt sind, sollen zusammen mit Aufsichts- und Regulierungsbehörden in der Praxis getestet werden können. Die EU-Kommission will die EU-Mitgliedstaaten durch ein Pilotprojekt ermutigen, Vorschläge dazu auszuarbeiten.
  • Vergabe öffentlicher Aufträge: Die EU-Mitgliedstaaten und öffentlichen Auftraggeber werden aufgefordert, die Flexibilität zu nutzen, die der neue EU-Rahmen für die Auftragsvergabe bietet, so z. B. Unterteilung von größeren Aufträgen in kleinere Lose oder die Digitalisierung der Vergabeverfahren abzuschließen. Zur Förderung der grenzüberschreitenden Auftragsvergabe sollen digitale Plattformen verwendet werden. Des Weiteren will die EU-Kommission ein Gütesiegel für öffentliche Auftraggeber einführen, die sich an KMU-freundliche Beschaffungspraktiken halten. KMU, die umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen anbieten, können durch eine stärkere Nutzung des umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens unterstützt werden.
  • Übertragung von Unternehmen erleichtern: Die EU-Kommission wird die EU-Mitgliedstaaten unterstützen, die Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen und die zweite Chance umzusetzen, indem sie bei der Einrichtung von Frühwarnmechanismen für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten hilft.
  • Zahlungsverzug: Laut EU-Kommission ist Zahlungsverzug der Grund für jede vierte Insolvenz von KMU in der EU. Ein Wandel in der Unternehmenskultur hin zu prompten Zahlungen ist notwendig. Daher will die EU-Kommission die Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie unterstützen, indem sie starke Überwachungs- und Durchsetzungsinstrumente einführt. Ferner könnten über eine virtuelle Beobachtungsstelle z. B. Zahlungsverzögerungen überwacht oder die Machbarkeit alternativer Streitbeilegungs-/Schlichtungsverfahren geprüft werden.

Verbesserung des Zugangs zu Finanzierungsmöglichkeiten, u. a.

  • Unterstützung von KMU-Börsengängen über einen KMU-IPO-Fonds
  • Fintech-Innovationen auf Blockchain-Basis können es KMU ermöglichen, direkt mit Investoren in Kontakt zu treten. So könnten sie Kryptoanlagen und digitale Token als Anleihen ausgeben. Dies würde KMU eine schnellere, effizientere und kostengünstigere Finanzierung ermöglichen. Die Nutzung von Kryptoanlagen und die Einführung von digitalen Token durch KMU will die EU-Kommission mit der künftigen EU-Strategie zur Digitalisierung des Finanzsektors erleichtern.
  • Investitionsinitiative für grüne Technologien, um Finanzmittel der EU, der EU-Mitgliedstaaten und des Privatsektors zu bündeln, damit innovative KMU und Start-ups, die Lösungen mit umweltfreundlichen Technologien entwickeln, besser an Beteiligungskapital kommen
  • ESCALAR-Initiative zur Erschließung neuer Wege der Risikoteilung mit dem Privatsektor, um das Volumen von Risikokapitalfonds zu erhöhen

KMU-Definition

Die Ergebnisse der Konsultation zur KMU-Definition als auch Studien zeigen, dass die KMU-Definition ihren Zweck erfüllt und für die große Mehrheit der KMU leicht anzuwenden ist. Daher wird sich die EU-Kommission mit konkret aufgeworfenen Fragen, wie z. B. komplexe Eigentumsstrukturen oder etwaige Lock-in-Effekte, befassen und Bericht erstatten.