Zivilrecht - 28. Juli 2021

Mobilcom-Debitel muss rechtswidrig erzielte Gewinne abführen

vzbv, Pressemitteilung vom 28.07.2021 zum Urteil 12 O 574/17 des LG Kiel vom 11.06.2021 (nrkr)

Unternehmen muss nach vzbv-Klage 72.700 Euro Gewinn durch unzulässige Entgelte herausgeben

  • Kunden mussten Gebühren für nicht online mitgeteilte Änderungen ihrer Anschrift oder Kontoverbindung zahlen.
  • Beide Entgelte sind unzulässig, entschied das OLG Schleswig-Holstein nach Klage des vzbv.
  • LG Kiel: Unternehmen muss den zu Unrecht erzielten Gewinn ohne Abzug allgemeiner Betriebskosten an den Bundeshaushalt abführen.

Das Landgericht Kiel hat die mobilcom-debitel GmbH dazu verurteilt, rechtswidrig erzielte Gewinne von 72.728 Euro zuzüglich Zinsen an den Bundeshaushalt abzuführen. Die Gewinne hatte das Unternehmen durch unzulässige Entgelte von Mobilfunk-Kunden erzielt, die Änderungen ihrer Anschrift oder Kontoverbindung per Brief statt online mitteilten. Gegen die Gebühren hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bereits in einem Vorverfahren erfolgreich geklagt.

„Ein Unternehmen darf nicht von rechtwidrigen Entgelten profitieren“, sagt Jana Brockfeld, Rechtsreferentin beim vzbv. „Es ist richtig, dass die vorsätzlich auf unlautere Weise erzielten Gewinne abgeschöpft werden und der Öffentlichkeit zugutekommen.“

Unzulässige Entgelte für Adress- und Kontoänderung

Mobilcom-debitel hatte seine Mobilfunk-Kunden dazu verpflichtet, Änderungen ihrer Adresse und ihrer Kontoverbindung mitzuteilen. Die Mitteilung war aber nur online kostenfrei möglich. Wer das Unternehmen per Brief, Telefon oder Fax informierte, musste für eine Adressänderung 0,99 Euro und für eine Änderung der Kontoverbindung 2,95 Euro zahlen. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hatte diese Gebühren bereits im Dezember 2019 für unzulässig erklärt und damit ein Urteil des Landgerichts Kiel bestätigt. Die Bearbeitung von Adress- und Kontenänderungen sei keine Sonderleistung für die Kundinnen und Kunden, sondern liege im eigenen Interesse des Unternehmens. Dazu sei es zudem vertraglich und im Falle von Adressänderungen sogar gesetzlich verpflichtet.

Unzulässige Gebühren Vorsätzlich weiter kassiert

Die Richter schlossen sich der Auffassung des vzbv an, dass mobilcom-debitel vorsätzlich gegen geltendes Recht verstoßen hat. Aufgrund der Rechtslage hätte sich dem Unternehmen spätestens nach der Abmahnung durch den vzbv der Eindruck geradezu aufdrängen müssen, dass die Gebühren unzulässig sind. Das Gericht erkannte den Anspruch des vzbv an, die seit Oktober 2017 mit den Gebühren erzielten Gewinne zugunsten des Bundeshaushalts abzuschöpfen und verurteilte das Unternehmen zur Offenlegung der Erträge. Eine Revision ließ das Oberlandesgericht nicht zu. Das Urteil ist rechtskräftig, da der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde des Unternehmens abgewiesen hat.

Gewinn darf nicht Kleingerechnet werden

Vor dem Landgericht Kiel ging es in der zweiten Stufe des Gewinnabschöpfungsverfahrens nur noch um die Höhe des Betrags, den mobilcom-debitel zahlen muss. Das Unternehmen hatte durch die unzulässigen Gebühren 72.728 Euro eingenommen – nach eigener Rechnung aber keinen Gewinn gemacht. Den Einnahmen stünden mehr als 200.000 Euro Kosten für einen externen Dienstleister gegenüber, an den alle nicht vollautomatisierten Kontakte übertragen worden seien. Zudem seien Druck- und Portokosten entstanden, weil Bestätigungsschreiben an Kunden versandt wurden, die per Brief über ihre Adress- oder Kontoänderung informiert hatten.

Das Landgericht Kiel stellte klar: Solche allgemeinen Betriebskosten dürfen nicht von den abschöpfbaren Gewinnen abgezogen werden. Das Unternehmen sei verpflichtet, Konto- und Adressänderungen entgegenzunehmen und zu bearbeiten und tue dies aus eigenem Interesse. Der Aufwand dafür wäre auch ohne die Einnahmen aus den Gebühren entstanden. Das Gericht verurteilte mobilcom-debitel dazu, die vollen Einnahmen von 72.728 Euro zuzüglich Zinsen an den Bundeshaushalt abzuführen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Mobilcom hat gegen das Urteil Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht eingelegt (Az. 2 U 32/21).

Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband