Bundesrat, Mitteilung vom 28.05.2021
Der Bundesrat hat am 28. Mai 2021 grünes Licht für die vom Bundestag beschlossene Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes gegeben – die umfassendste Novelle seit 20 Jahren. Eine Neuregelung war aufgrund detaillierter Vorgaben in Richtlinien der EU, insbesondere der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (DSM-Richtlinie), und einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes erforderlich geworden.
Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen
Das Gesetz ordnet die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen für die von Nutzern hochgeladenen Inhalte neu. Die Plattformen sind für die öffentliche Wiedergabe dieser Inhalte nun grundsätzlich urheberrechtlich verantwortlich und können sich nur dadurch von ihrer Haftung befreien, dass sie den konkret geregelten Sorgfaltspflichten nachkommen. Hierzu zählt die Pflicht, bestimmte Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben. Sind geschützte Inhalte nicht lizenziert und ist die Nutzung nicht gesetzlich oder vertraglich erlaubt, so ist der Diensteanbieter verpflichtet, nach einer Information des Rechtsinhabers die entsprechenden Inhalte zu blockieren.
Nutzung für Kunst und Kommunikation
Zum Schutz der Kunstfreiheit und der sozialen Kommunikation erlaubt das Gesetz die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke insbesondere zu den Zwecken von Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche. Um unverhältnismäßige Blockierungen entsprechender Uploads beim Einsatz automatisierter Verfahren zu vermeiden, sieht es besondere Regeln für die öffentliche Wiedergabe vor und führt hierfür das Konzept der mutmaßlich erlaubten Nutzungen ein: Bestimmte nutzergenerierte Inhalte, die einen hinreichenden Anhalt dafür bieten, dass die Verwendung geschützter Inhalte Dritter gesetzlich erlaubt ist, muss der Diensteanbieter grundsätzlich bis zum Abschluss eines etwaigen Beschwerdeverfahrens öffentlich wiedergeben. Vertrauenswürdige Rechtsinhaber können die Wiedergabe bei erheblicher wirtschaftlicher Beeinträchtigung bis zur Entscheidung über die Beschwerde unterbinden, wenn die Vermutung zu widerlegen ist.
Die Kreativen erhalten für lizenzierte Nutzungen einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen. Für Streitigkeiten zwischen Plattformen, Rechtsinhabern und Nutzern stehen Beschwerdeverfahren zur Verfügung.
Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung
Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung sollen die Nutzung von Werken auf vertraglicher Basis erleichtern, etwa für Digitalisierungsprojekte. Darüber hinaus wird die Nutzung von nicht verfügbaren, das heißt nicht im Handel erhältlichen Werken durch Kultureinrichtungen geregelt. Diese Bestimmungen lösen die bisherigen Vorschriften zur Lizenzierung vergriffener Werke ab. Auf diese Weise können Werknutzer umfassende Lizenzen von Verwertungsgesellschaften zu geringen Transaktionskosten erwerben, und zwar grundsätzlich auch für Werke von Außenstehenden. Fehlen repräsentative Verwertungsgesellschaften, so ist die Nutzung auf der Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis möglich.
Weitere Anpassungen
Das Gesetz setzt die unionsrechtlichen Erlaubnisse für das Text- und Data Mining, für den digitalen und grenzüberschreitenden Unterricht und die Lehre sowie für die Erhaltung des Kulturerbes um. Es enthält Anpassungen im Urhebervertragsrecht, etwa zu den Fragen der angemessenen Vergütung, der weiteren Beteiligung des Urhebers, der Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners sowie Dritter in der Lizenzkette, der Vertretung von Kreativen durch Vereinigungen sowie zu Fragen des Rückrufs wegen Nichtausübung. Zudem führt es auch einen Unterlassungsanspruch von Verbänden bei Nichterteilung von bestimmten Auskünften ein.
Neuregelung der Verlegerbeteiligung
Die Verlegerbeteiligung wird neu geregelt: Es gibt einen neuen gesetzlichen Beteiligungsanspruch des Verlegers. Er setzt voraus, dass der Urheber dem Verleger ein Recht an dem verlegten Werk eingeräumt hat. Vervielfältigungen eines gemeinfreien visuellen Werkes genießen künftig keinen Leistungsschutz mehr. Bei Streitigkeiten über die Lizenzierung audiovisueller Werke für die Zugänglichmachung über Videoabrufdienste können die Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung einleiten.
Erleichterter Rechteerwerb
Sendeunternehmen müssen für bestimmte unionsweit verbreitete Internet-Angebote die Rechte nur noch für den Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerben, in dem der Sender seinen Sitz hat.
Weitere Schritte
Das Gesetz wird jetzt dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und kann danach im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll am 7. Juni 2021 in Kraft treten.
Quelle: Bundesrat