Zivilrecht - 28. Januar 2021

Können eine Brautgabe und Brautschmuck nach der Scheidung einer Ehe herausverlangt werden?

OLG Hamm, Pressemitteilung vom 28.01.2021 zum Beschwerdeverfahren 2 UF 183/19 vom 17.06.2020

Der 12. Senat für Familiensachen hatte sich in einem Beschwerdeverfahren (Az. 12 UF 183/19) mit der Frage zu befassen, wie im Fall der Scheidung einer Ehe eine Brautgabe und Brautschmuck rechtlich zu behandeln sind.

Die Antragstellerin, eine türkische Staatsangehörige, und der Antragsgegner mit deutscher Staatsangehörigkeit sind beide in Deutschland geboren und aufgewachsen. Im November 2015 heirateten sie standesamtlich. Im April 2016 schlossen sie vor einem Imam mit drei Trauzeugen die religiöse Ehe. In der Heiratsurkunde zu dieser religiösen Eheschließung ist der Antragstellerin seitens ihres Ehemanns eine Brautgabe von 7.000 Euro versprochen worden. Im Anschluss an die religiöse Eheschließung feierten die Eheleute mit einer Vielzahl von Gästen, die ihnen Geld und Gold – unter anderem 10 goldene, dreifach gewundene Armreifen, ein Goldschmuckset aus vier Teilen, 6 türkische Goldmünzen – schenkten. Ihre Ehe hielt nicht lang: im Februar 2017 trennten sie sich, am 28.05.2019 wurde die Ehe vom Familiengericht geschieden.

Die Antragstellerin hat von ihrem ehemaligen Ehemann u. a. die Zahlung der versprochenen Brautgabe von 7.000 Euro und die Herausgabe des anlässlich der Hochzeitsfeier geschenkten Goldes verlangt.

Vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen (Az. 104 F 347/18) hatte sie damit keinen Erfolg. Die Vereinbarung über die Brautgabe sei – so das Amtsgericht – unwirksam, da sie nicht notariell beurkundet worden sei. Die Antragstellerin könne auch nicht das geschenkte Gold für sich beanspruchen, weil sie nicht die alleinige Eigentümerin des Goldes geworden sei und es sich nicht mehr im Besitz des Antragsgegners befinde. Gegen diesen Beschluss hat sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde gewandt.

Der 12. Senat für Familiensachen hat den Sachverhalt zum Teil anders als das Amtsgericht Gelsenkirchen bewertet: Das islamische Recht ordne eine Brautgabe als zwingende Zuwendung des Bräutigams an die Braut an. Sie sei zu unterscheiden von der Mitgift, die die Braut von ihrer Familie erhalte. Solange die Brautgabe noch nicht ausgezahlt – und damit vollzogen – worden sei, bedürfe die getroffene Vereinbarung über die Brautgabe zu ihrer Wirksamkeit – wie bei einer Schenkung – der notariellen Beurkundung. Weil die Antragstellerin die Brautgabe hier noch nicht erhalten habe und das Brautgabeversprechen nicht notariell beurkundet worden sei, könne die Antragstellerin, wovon das Amtsgericht Gelsenkirchen noch zutreffend ausgegangen sei, den versprochenen Betrag von 7.000 Euro nicht von ihrem ehemaligen Ehemann verlangen.

Dagegen müsse er ihr das Gold herausgeben. Indem der Antragstellerin sämtliche Schmuckstücke bei der Hochzeitsfeier „umgehängt“ und damit übergeben worden seien, habe sie alleine das Eigentum hieran erworben. Außer Streit stehe dabei, dass die Hochzeitsfeier nach türkischer Tradition abgehalten worden sei und die Beteiligten türkischstämmig gewesen seien. Vor dem Hintergrund der kulturellen Vorstellungen der ehemaligen Eheleute habe das der Braut übergebene Gold damit dem Zweck gedient, sie für den Fall des Scheiterns oder der Scheidung der Ehe abzusichern. In diesem Zusammenhang existiere der Begriff „taki“, der wörtlich zu übersetzen sei als das, was „angesteckt oder umgehängt werde“. Zwar gebe es bei Geschenken an die Braut viele lokale Bräuche. Soweit es aber um die angesteckten Schmuckstücke gehe, sei gesicherte Erkenntnis, dass diese der Braut allein zur Absicherung dienen und deshalb in ihr alleiniges Eigentum übergehen sollten.

Nach diesen rechtlichen Hinweisen des Senats haben sich die ehemaligen Eheleute in einem Anhörungstermin am 17.06.2020 vergleichsweise dahingehend einigen können, dass der Antragsgegner der Antragstellerin den Wert des Goldschmucks, den er bereits zum Teil ohne Einverständnis seiner ehemaligen Ehefrau veräußert hatte, von knapp 6.000 Euro ersetzte. Die Brautgabe musste er nicht zahlen.

Quelle: OLG Hamm