Verwaltungsrecht - 15. Juli 2020

Keine Pflicht zum Einbau eines „Fettabscheiders“ für Hotel, das nur Frühstück anbietet

VG Koblenz, Pressemitteilung vom 15.07.2020 zum Urteil 3 K 832/19.KO vom 24.06.2020

Eine Satzungsbestimmung, die ausnahmslos jeden Gastronomiebetrieb mit Küchenbetrieb zum Einbau einer Vorrichtung zur Abscheidung fetthaltiger Stoffe aus dem Abwasser („Fettabscheider“) verpflichtet, ist mit dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz auf die Klage eines Bad Kreuznacher Hoteliers, der in seinem Betrieb lediglich Frühstück anbietet.

Der Kläger betreibt ein Hotel garni mit 32 Betten. Die Allgemeine Entwässerungssatzung der Stadt Bad Kreuznach sieht vor, dass auf Grundstücken, auf denen Fette in das Abwasser gelangen können, nach den hierfür jeweils in Betracht kommenden Regeln der Technik „Fettabscheider“ zu betreiben, zu unterhalten und bei Bedarf zu erneuern sind. Nachdem die Stadt Bad Kreuznach Kenntnis darüber erlangt hatte, dass das Hotel des Klägers nicht mit einem „Fettabscheider“ ausgestattet ist, ordnete sie den Einbau einer solchen Vorrichtung und den Nachweis hierüber an. Sie ist der Auffassung, nach den Regeln der Technik sei für den Betrieb einer gewerblichen Küche ein Fettabscheider zur Rückhaltung der durch das Reinigen von Rücklaufgeschirr sowie Arbeitsmitteln entstehenden Fette und Öle bzw. Rückstände dieser Stoffe generell erforderlich, ohne dass es im Einzelfall auf den tatsächlichen Umfang der in dem Betrieb anfallenden fetthaltigen Stoffe ankomme. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Hotelier Klage.

Die Koblenzer Verwaltungsrichter gaben ihm Recht. Die Anordnung zum Einbau des Fettabscheiders sei rechtswidrig. Sie beruhe auf einer Satzungsbestimmung, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar und daher unwirksam sei. Dabei bestünden aus Sicht des Gerichts bereits Zweifel daran, ob sich aus der Satzungsregelung – wie die Stadtverwaltung Bad Kreuznach meine – hinreichend bestimmt ergebe, dass lediglich Grundstücke mit gewerblicher oder industrieller Nutzung, nicht aber auch solche, die ausschließlich Wohnzwecken dienten, zum Einbau eines Fettabscheiders verpflichtet seien. Unabhängig davon lege die Satzung den Eigentümern eines Grundstücks die Pflicht zum Einbau eines Fettabscheiders auch dann auf, wenn vergleichbar wie bei einer Wohnnutzung nur Kleinstmengen von Fetten in das Kanalsystem gelangten. Zwar diene eine solche Bestimmung der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Abwasseranlage. Mit ihr solle nämlich verhindert werden, dass Fette und Öle in die öffentliche Abwasseranlage eingeleitet oder eingebracht und dadurch die Rohrleitungen beschädigt würden. Zudem könne es aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässig sein, generalisierende Regelungen zu erlassen, die Entscheidungen ohne Prüfung des konkreten Einzelfalls ermöglichten. Jedoch stelle die generelle Forderung nach einem Einbau eines Fettabscheiders für die betroffenen Grundstückseigentümer eine erhebliche Belastung dar und berühre deren Grundrechte. Angesichts dessen bedürfe es für die Vereinbarkeit mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eines satzungsrechtlichen Korrektivs für Ausnahmekonstellationen. Insbesondere bei gewerblich genutzten Grundstücken, auf denen – wie im Falle des Klägers bei einem Hotelbetrieb mit bloßem Frühstücksangebot – keine größeren Mengen an Fetten bzw. Ölen anfielen als in Mehrfamilienwohnhäusern, müsse im Einzelfall die Möglichkeit bestehen, von der Einbaupflicht abweichen zu können. Eine solche Möglichkeit sei in der Allgemeinen Entwässerungssatzung der Beklagten jedoch nicht vorgesehen.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.