Zivilrecht - 27. November 2020

Kein Schmerzensgeldanspruch gegen Dolmetscherin

AG Frankfurt, Pressemitteilung vom 27.11.2020 zum Urteil 29 C 1828/19 (85) vom 20.12.2019 (rkr)

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass eine Dolmetscherin nicht gegen ihre Berufspflichten verstößt, wenn sie neben der reinen Übersetzung auch Einschätzungen und Angaben zum Aussageverhalten macht (Amtsgericht Frankfurt a. M., Urt. v. 20.12.2019, Az. 29 C 1828/19 (85)).

Dem zugrundeliegenden Rechtsstreit ging ein familienrechtliches Sorgerechtsverfahren voraus, im Rahmen dessen die zuständige Richterin das minderjährige Kind der späteren Klägerin anhörte. Da das Kind kein Deutsch sprach, wurde die jetzige Beklagte als Dolmetscherin für Polnisch hinzugezogen. Sie ist nach der Kindesanhörung richterlich dazu befragt worden, welchen Eindruck sie von dem Kind habe; ob es mit eigenen Worten oder fremdbestimmt gesprochen habe. Hierauf antwortete die jetzige Beklagte, dass sie den Eindruck habe, das Kind werde erpresst und wolle eigentlich etwas ganz anderes sagen. Daraufhin wurde der Kindesmutter das Sorgerecht einstweilen entzogen. Dies veranlasste sie wiederum, die jetzige Klage vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main auf Zahlung von Schmerzensgeld i. H. v. mindestens 5.000 Euro zu erheben. Sie war dabei der Auffassung, die beklagte Dolmetscherin habe sich durch ihre Einschätzungen parteiisch verhalten, habe ihre Grenzen überschritten und sei zumindest mitursächlich für den Sorgerechtsentzug gewesen.

Das Amtsgericht Frankfurt hat die Schmerzensgeldklage vollumfänglich abgewiesen. Ein Anspruch ergebe sich insbesondere nicht aufgrund eines Verstoßes gegen Dolmetscherpflichten oder aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das gerügte Verhalten weder durch das Hessischen Dolmetschergesetzes (§ 4 Abs. 2 DolmG HE) untersagt sei, noch widerspreche es dessen Schutzzweck. Gerade wenn eine Manipulation des Aussageverhaltens eines Kindes im Raume stehe, könne es durchaus notwendig sein, dass über die reine Übersetzung der Dolmetscherin hinaus Angaben zur Wortwahl und zur Sprachgeschwindigkeit erfolgen. Es sei korrektive Aufgabe des Gerichts, überschießende sowie nicht zum Aufgabenkreis der Dolmetscherin gehörende Äußerungen auszugrenzen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: AG Frankfurt am Main