Zivilrecht - 4. Juni 2025

Kein Anspruch des Entrümpelungsunternehmens auf Sensationsfund bei Wohnungsauflösung

LG Köln, Pressemitteilung vom 02.06.2025 zum Urteil 15 O 56/25 vom 08.05.2025 (nrkr)

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 08.05.2025 (Az. 15 O 56/25) die Klage der Inhaberin einer Entrümpelungsfirma gerichtet auf Zahlung eines Teilbetrages (100.000 Euro) für in der Wohnung entdecktes Bargeld von über 600.000 Euro als auch Finderlohn abgewiesen. Insbesondere vertragliche Ansprüche würden ausscheiden, da eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Entrümpelungsunternehmens dahingehend, dass mit Beginn der Tätigkeit alle in dem Auftragshaushalt befindlichen Gegenstände in das Eigentum des Auftragnehmers übergehen, unwirksam sei. Auf die Widerklage der Beklagten hat das Gericht zudem festgestellt, dass der Inhaberin auch keine weiteren Ansprüche auf Zahlung wegen des Bargeldes sowie auf Herausgabe von Schmuck und Münzen oder entsprechenden Wertersatz zustehen.

Die Klägerin betreibt in Bayern ein Unternehmen zur Entrümpelung von Wohnungen. Die Beklagte, für die eine Betreuung angeordnet ist, lebte bis zum Jahr 2022 in Bayern. Nachdem der ebenfalls unter Betreuung stehende Lebensgefährte nicht mehr in der Wohnung leben konnte, wollte die Beklagte nach Köln ziehen. Die Beklagte, vertreten durch ihren Betreuer, beauftragte die Klägerin mit der Entrümpelung der im Eigentum der Beklagten stehenden Wohnung gegen Zahlung von 2.856 Euro. Die Parteien vereinbarten die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. Darin ist unter anderem geregelt: „Bei all unseren angebotenen Leistungen, […] sind in den Räumlichkeiten befindliche Wertgegenstände vorab vom Auftraggeber (Kunden) zu entfernen bzw. sicherzustellen. Mit Beginn der Tätigkeit gehen alle in dem Auftragshaushalt befindlichen Gegenstände in das Eigentum des Auftragnehmers über. Die weitere Verwertung obliegt dem Auftragnehmer.“ Für den Betreuer der Beklagten übergab die Betreuerin des Lebensgefährten die von ihr durchgesehene Wohnung an die Klägerin. Die Klägerin und ihre Mitarbeiter räumten zunächst die Wohnung, in der sie unter anderem in Windelpackungen und an anderen streitigen Orten Bargeld in Höhe von 557.000 Euro sowie Schmuck und Münzen mit einem durchschnittlichen Verkehrswert von 29.017 Euro bis 32.017 Euro fanden. Bargeld, Schmuck und Münzen wurden auf Wunsch des Betreuers der Beklagten an die Betreuerin des Lebensgefährten herausgegeben. Ebenso geschah es mit einem später im Keller der Wohnung in einem Koffer aufgefundenen weiteren Bargeld in Höhe von 66.500 Euro. Die Parteien verständigten sich wegen des Mehraufwands der Klägerin bezüglich der Abwicklung von Bargeld, Schmuck und Münzen auf die Zahlung von Mehrvergütung in Höhe von 2.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Außergerichtliche Aufforderungen der Klägerin auf Auszahlung des aufgefundenen Geldbetrags und des Schmucks seitens der Beklagten blieben erfolglos.

Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte wegen des aufgefundenen Bargelds und Finderlohns auf einen Teilbetrag von 100.000 Euro in Anspruch. Sie ist insbesondere der Ansicht, dass ihr ein Anspruch darauf aufgrund der Regelung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustehe. Der Betreuer der Beklagten habe bei der Durchsicht der Wohnung vor Übergabe an die Klägerin seine Pflichten verletzt. Zudem behauptet sie, sie habe Geld, Schmuck und Münzen nur herausgegeben, um für eine sichere Verwahrung zu sorgen, nachdem – was die Beklagte in Abrede stellt – eine Bank die Annahme verweigert habe.

Dieser Argumentation ist die 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln nicht gefolgt und hat die erhobene Teilklage abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, dass der Klägerin auch keine weiteren Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 523.500 Euro sowie auf Herausgabe von Schmuck und Münzen oder entsprechendem Wertersatz zustehen.

Zur Begründung führt die Kammer insbesondere aus, dass der Klägerin aus dem Vertrag keinerlei Ansprüche zustehen würden. Die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Klausel: „Mit Beginn der Tätigkeit gehen alle in dem Auftragshaushalt befindlichen Gegenstände in das Eigentum des Auftragnehmers über.“ sei unwirksam, weil sie eine Erklärung des Auftraggebers, hier die für einen Eigentumsübergang notwendige Übereignungserklärung fingiere, ohne dem Auftraggeber die Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung zu eröffnen (Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB) und ihn unangemessen benachteilige.

Dabei wiederhole die Regelung nicht nur, was nach geltendem Recht für konkludentes Verhalten ohnehin schon gelte. Denn aus Sicht der Klägerin könne sich hier nach allgemeinen Regeln aus der Wohnungsübergabe zur Entrümpelung jedenfalls dann nicht die schlüssige (sog. konkludente) Erklärung eines Übereignungsangebots hinsichtlich des gesamten Inhalts der Wohnung ergeben, wenn diese – wie hier – durch den Betreuer angesichts des krassen Missverhältnisses zwischen der Leistung der Klägerin und dem Wert des übereigneten Wohnungsinhalts erkennbar unter Verstoß gegen die Pflichten eines Betreuers in Vermögensangelegenheiten erfolgt sei. Die Klägerin könne nicht erwarten, dass der Betreuer der Beklagten ihr für eine Entrümpelung Wertgegenstände im hier vorliegenden Wert von mehreren Hunderttausend Euro überlassen und die Betreute hierzu verpflichten wolle.

Zudem – so die Kammer weiter – benachteilige die Regelung die Beklagte als Auftraggeberin im Zusammenhang der Gesamtregelung unangemessen. Zwar bestehe grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Entrümplers, die übernommene Entsorgung des Wohnungsinhalts „unbesehen“ vornehmen zu dürfen, etwa Behältnisse wie Koffer und Kisten ohne Prüfung des Inhalts der Abfallwirtschaft zuzuführen, oder ein Interesse, den vereinbarten Lohn durch Verwertung aller zurückgelassenen Gegenstände aufzubessern. Das gelte jedenfalls dann, wenn – wie hier – dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt und empfohlen werde, die Räumlichkeiten auf Wertgegenstände durchzusehen und diese zu entfernen.

Indes unterscheide die vorliegende Regelung nicht zwischen für den Auftraggeber bei einer sorgfältigen Durchsicht erkennbaren Wertgegenständen, wie sie etwa in Schränken oder Aufbewahrungsbehältnissen üblicherweise verwahrt würden, und „versteckten“ Wertgegenständen, etwa Bargeld oder Schmuck im Spülkasten der Toilettenspülung, auf der Rückseite von Schrankwänden usw., mit anderen Worten Wertgegenständen an Orten, die bei einer üblichen, auch sorgfältigen Durchsicht mit zumutbarem Aufwand nicht durchgeschaut würden. Für einen solchen Fall fehle eine Regelung, die den Interessen beider Vertragsparteien angemessen Rechnung trage, etwa der gesetzlichen Herausgabepflicht des Entrümplers (§ 667 BGB) ein angemessenes Zusatzhonorar gegenüberstelle. Hier sei im Gegenteil einseitig nur eine nicht näher beschriebene Vertragsanpassung des Honorars nur zu Gunsten des Auftragnehmers vorgesehen, auch wenn der Wert des „versteckten“ Wertgegenstands erkennbar außer Verhältnis zum (Mehr-)Aufwand bei der Entrümpelung stehe. Das Risiko des Übersehens von Wertgegenständen würde dadurch einseitig auf den Auftraggeber verlagert.

Mögliche Ansprüche auf Herausgabe des Geldes aus Eigentumsgesichtspunkten (§ 985 BGB) lehnt die Kammer ebenso ab, da die Klägerin ihr Eigentum jedenfalls aufgrund der Einzahlung des Bargelds bei einem Kreditinstitut verloren habe. § 985 BGB begründe keinen Anspruch auf einen entsprechenden Geldwert (sog. Geldwertvindikation). Bereicherungsansprüche (§ 812 BGB) stünden der Klägerin aufgrund der erläuterten Rechtslage ebenfalls nicht zu, weil der Beklagten als Eigentümerin von Bargeld, Schmuck und Münzen diese zugestanden hätten, die Übergabe durch die Klägerin also nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sei und die Beklagte auch nichts auf Kosten der Klägerin erlangt habe.

Weil auch die Voraussetzungen anderer Anspruchsgrundlagen nicht ersichtlich seien, sei anschließend aus Sicht des Gerichts weiter zu prüfen gewesen, ob der von Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Finderlohn (§ 971 BGB) bestehe. Ein solcher Anspruch, der sich rechnerisch mit höchstens 19.675,51 Euro beliefe (§ 971 Abs. 1 Satz 2 BGB), bestehe dagegen nicht.

Der Anspruch auf Finderlohn setze voraus, dass die Klägerin Finder einer verlorenen Sache wäre (§§ 965, 971 BGB). Verloren seien Sachen, die nach dem Besitzrecht besitzlos, aber nicht herrenlos sind. Nicht besitzlos seien liegengelassene, versteckte Sachen, deren Lage bekannt und deren jederzeitige Wiedererlangung möglich sei, oder verlegte Sachen, deren Lage noch nicht endgültig vergessen sei. Hier erstrecke sich der generelle Besitzwille der Beklagten auf alle in ihrer Wohnung befindlichen Gegenstände. Anhaltspunkte dafür, dass sie den Besitz an den Gegenständen aufgeben habe wollen, würden sich nicht ergeben. Insbesondere aus dem Entrümpelungsvertrag und der Übergabe der Wohnung an die Klägerin folge keine Besitzaufgabe am gesamten Wohnungsinhalt, denn die Entrümpelung habe der der Beklagten nach öffentlichem Recht obliegenden ordnungsgemäßen Entsorgung des Wohnungsinhalts gedient. Ohnehin sei hier damit zu rechnen gewesen, dass die Beklagte Geld, Schmuck und Münzen wieder an sich nehmen würde und den Besitz nicht aufgeben wolle.

Insgesamt sei die Klage daher aus Sicht der Kammer abzuweisen gewesen und auf die Widerklage der Beklagten die begehrte Feststellung zu treffen. Wie sich aus den Begründungen ergebe stünden der Klägerin Ansprüche dem Grunde nach wegen des Bargelds unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Hinsichtlich des Schmucks und der Münzen gelte nichts Anderes.

Das am 08.05.2025 verkündete Urteil zum Az. 15 O 56/25 ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht Köln

[Hinweis der Redaktion: Diese Pressemitteilung wurde erst am 04.06.2025 auf der Website des LG Köln veröffentlicht.]