Sozialversicherungsrecht - 5. August 2019

Kein Anspruch auf Laser-Korrektur der Augen bei Myopie sowie Astigmatismus

SG Stuttgart, Mitteilung vom 02.08.2019 zum Urteil S 23 KR 4535/18 vom 06.02.2019 (rkr)

Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung, die an einer Myopie sowie einem Astigmatismus leiden, haben keinen Anspruch auf eine Laser-Korrektur der Augen.

Die 1987 geborene Klägerin leidet an einer beidseitigen Myopie (Kurzsichtigkeit) und einem Astigmatismus (Stabsichtigkeit). Im Dezember 2017 beantragte sie bei der beklagten Krankenkasse die Übernahme der Kosten für eine Augenlaserbehandlung (ReLex-Smile-Lasik) aufgrund einer Unverträglichkeit von Brille und Kontaktlinsen bei hoher Sehschwäche. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Die beantragte Laser-Operation zur Korrektur der Refraktion sei nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen umfasst.

Das Gericht hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und im Anschluss die Klage abgewiesen. Bei der von der Klägerin aufgrund ihrer Fehlsichtigkeit begehrten Refraktiven Lentikelextraktion (ReLex) handele es sich um ein Verfahren der refraktiven Linsen- und Hornhautchirurgie, welche nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten seien und daher neue Behandlungsmethoden darstellten. Eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu diesen Methoden liege nicht vor. Als Verfahren der refraktären Augenchirurgie seien sie nach Ziffer 13 der Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des GBA von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen. Die refraktive Chirurgie sei vielmehr von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in den Katalog der individuell zu finanzierenden Gesundheitsleistungen (IGEL) aufgenommen worden. Auch liege kein Ausnahmefall vor, in dem eine Behandlungsmethode ausnahmsweise ohne positive Empfehlung des GBA zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zuzulassen sei. Eine solche Ausnahme regele § 2 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung (und damit eine Leistung, deren Qualität und Wirksamkeit entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse noch nicht feststeht) beanspruchen könnten, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Die verfassungskonforme Auslegung setze u. a. voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliege. Daran fehle es. Zwar leide die Klägerin zweifellos an einer nachhaltigen, die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigenden Krankheit, diese Erkrankung sei aber nicht lebensbedrohlich oder gar regelmäßig tödlich verlaufend. Vielmehr sei ihre Sehfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Eine hochgradige Sehstörung könne auch von ihrer Schwere und dem Ausmaß der aus ihr folgenden Beeinträchtigungen her solchen Krankheiten in der Bewertung nicht gleichgestellt werden (vgl. BSG, Urteil B 1 KR 15/08 R vom 05.05.2009, SozR 4-2500 § 27 Nr. 16).