Sozialversicherungsrecht - 3. Februar 2021

Grundsicherungsträger muss Kosten für Teilnahme an Jugendweihefeier übernehmen

LSG Thüringen, Pressemitteilung vom 03.02.2021 zum Urteil L 9 AS 322/19 vom 03.02.2021 (rkr)

Nach einem jetzt veröffentlichten Urteil des Thüringer Landessozialgerichts (LSG) muss das Jobcenter des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt einem Leistungsberechtigten 60 Euro für die Teilnahme an einer Jugendweiheveranstaltung bezahlen. Der Veranstalter stellte dafür 100 Euro in Rechnung. Der Kläger beantragte die Kostenübernahme, was der Grundsicherungsträger ablehnte. Gegen das zusprechende Urteil des Sozialgerichts Meiningen legte das Jobcenter Berufung ein, die das LSG – bis auf einen kleinen Teil – zurückwies.

Nach § 28 Abs. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft gewährt. Das gilt ausdrücklich für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, aber auch für Unterricht in künstlerischen Fächern (z. B. Musikunterricht).

Nach dem Urteil ist die Jugendweihefeier eine vergleichbare kulturelle Aktivität im Sinne von § 28 Abs. 7 SGB II, sodass grundsätzlich Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu gewähren sind. Dies gilt allerdings nur für die vom Veranstalter verlangten Teilnahmekosten selbst, nicht für sonstige Aufwendungen (Kleidung, Bewirtungsspesen o. ä.).

Diese Leistungen sind zudem vom Gesetz auf einen in der Höhe gedeckelten Monatsbetrag begrenzt (hier im Jahr 2017 10 Euro, gegenwärtig 15 Euro). Daraus ergab sich ein Problem, weil dem Kläger bereits 60 Euro für das erste Halbjahr für eine andere Aktivität gewährt worden waren und damit das Budget eigentlich erschöpft war. Weil der Kläger jedoch im zweiten Halbjahr keine Leistungen in Anspruch genommen hatte, hat das LSG das gesamte Kalenderjahr in den Blick genommen und das Jobcenter zur Zahlung von 60 Euro verurteilt. Den diesen Höchstbetrag übersteigenden Restbetrag in Höhe von 10 Euro muss der Kläger selbst tragen.

Dies gilt auch für die Kosten, die dadurch entstanden sind, dass der Kläger von der Möglichkeit ermäßigter Teilnahmekosten für SGB II-Empfänger (der Veranstalter hatte diesem Personenkreis eine Ermäßigung in Höhe von 30 Euro eingeräumt) keinen Gebrauch gemacht hat.

Die Entscheidung ist rechtskräftig (Az. L 9 AS 322/19).

Quelle: LSG Thüringen