Zivilrecht - 1. Juni 2021

Fluggast verbrüht sich mit Suppe – Keine Entschädigung

LG Köln, Mitteilung vom 28.05.2021 zum Urteil 21 O 299/20 vom 25.05.2021 (nrkr)

Passagiere müssen in ihrem eigenen Interesse während eines Flugs gut aufpassen, dass sie nicht zu heiße Suppentassen zum Mund führen. Das Landgericht Köln hat einem Fluggast eine Entschädigung verwehrt, der sich während des Essens mit heißer Suppe verbrüht hat.

Die Klägerin flog an Bord der beklagten Fluggesellschaft in der Business Class von München nach New York. Auf dem Flug, der um 12.25 Uhr startete, wurde der Klägerin ca. 90 Minuten vor der Landung ein Abendessen angeboten. Das Menü begann mit einer Steinpilzcremesuppe in einer Porzellanschale. Die Suppenschale wurde der Klägerin auf einem Tablett mit Besteckrolle und fester Leinenserviette gereicht. Die Suppe, deren Temperatur zwischen den Parteien streitig ist, ergoss sich infolge eines zwischen den Parteien streitigen Missgeschicks auf dem oberen Brustbereich der Klägerin und verursachte dort Verbrennungen zweiten Grades, weswegen sie nach der Landung eine Klinik aufsuchen musste.

Die Klägerin schilderte den Hergang des Unglücks so, dass sie die Suppe außerhalb des Menüs bestellt und erhalten habe. Sie habe aufrecht gesessen und die Porzellanschale in die linke Hand genommen, um mit dem Löffel in der rechten Hand einen möglichst kurzen Weg zum Mund zu haben. Die Schüssel sei aber so heiß gewesen, dass sie sie schnell wieder absetzen wollte und hierbei einen Ruck verursacht habe, infolge dessen sich die heiße Flüssigkeit auf ihrem „Ausschnitt“ ergossen habe. Es hätten sich sofort ein brennender Schmerz im Brustbereich und Verbrennungen auf ihren Fingerkuppen gezeigt.

Die Klägerin ist der Meinung, die Servierkräfte hätten die hohe Temperatur der Suppenschüssel kontrollieren müssen. Der Klägerin sei nach dem Unglück trotz ihrer Bitte um Crushed-Ice in einer Stoffserviette zum Kühlen lediglich ein Becher Eiswürfel und eine Papierserviette gereicht worden. Ihr sei keine Brandsalbe gebracht worden. Es sei kein Arzt ausgerufen worden. Nach der Landung sei sie nicht am Gate versorgt worden. Ihr sei keine Spezialklinik für Verbrennungen in New York, sondern lediglich eine normale Klinik, wo sie auch behandelt wurde, empfohlen worden. Sie habe Schmerzen erlitten. Sie sei durch den Vorfall psychisch angeschlagen. Daher beantragte sie die Zahlung eines angemessenen, mindestens fünfstelligen Schmerzensgeldes und die Feststellung, dass die beklagte Fluggesellschaft ihr alle Schäden, auch die wegen der psychischen Folgen, ersetzt.

Die Fluggesellschaft lehnte die Zahlung von Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz mit der Begründung ab, die Klägerin müsse sich ein überwiegendes Mitverschulden anrechnen lassen. Den Passagieren würden die Speisen und Getränke mit der gebotenen Sorgfalt angereicht – die Suppen nicht zu heiß und nicht bis zum Rand gefüllt. Die Klägerin habe ihre Suppe in einer stark zurückgeneigten Position zu sich genommen.

Das Landgericht hat der Klägerin Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz nicht zugesprochen. Ein verschuldensunabhängiger Anspruch aus Art. 21 i. V. m. Art. 17 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) scheitere an dem Mitverschulden der Klägerin, das das Gericht mit 100 % angesetzt hat.

Nach dem maßgeblichen Art. 20 MÜ reicht ein sog. „Verschulden gegen sich selbst“, also wenn ein Geschädigter unter Verstoß gegen Treu und Glauben diejenigen zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Dinge ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden oder zu mindern. Dabei ging das Gericht davon aus, dass die Klägerin die Suppe in einer stark zurückgeneigten Position verzehren wollte. Anders seien die Verbrennungen und deren Lokalisation auf dem Ausschnitt der Klägerin nicht zu erklären. Hätte die Klägerin aufrecht gesessen und wäre die Porzellanschale wirklich so brühend heiß gewesen, hätte die Klägerin die Suppe wohl höchstens umgekippt. Es wäre ihr nicht gelungen, die Schale bis zur Brust anzuheben. Jedenfalls hätte die Klägerin die Verpflichtung gehabt, die Temperatur der Schale zuvor zu prüfen, genau wie auch die Temperatur der Suppenflüssigkeit in der Suppenschale. Die Klägerin habe aber vorgetragen, dass sie die Schale in aufrechter Position sitzend in einer Bewegung zum Mund geführt habe, d.h. sie habe die Temperatur der Schale vor dem Anheben gerade nicht geprüft. Hätte sie die Schale vor dem Anfassen geprüft, hätte sie sie erst gar nicht angehoben und die Verletzungen seien vermieden worden.

Die angeblich unzureichende und zögerliche Nachsorge der Verletzungen an Bord habe nicht erkennbar zu einem eigenen Schaden geführt.

Quelle: LG Köln