EU-Recht - 19. Februar 2021

Europäischer Haftbefehl und Kampf gegen Geldwäsche: Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 18.02.2021

In ihren Entscheidungen zu Vertragsverletzungsverfahren im Monat Februar hat die Europäische Kommission am 18.02.2021 ein Vertragsverletzungsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil es den Europäischen Haftbefehl nicht ordnungsgemäß umsetzt. Die Kommission hat Deutschland außerdem aufgefordert, seinen Verpflichtungen zur Bekämpfung der Geldwäsche nachzukommen und die 4. Geldwäscherichtlinie ordnungsgemäß umzusetzen. Es ist Aufgabe der Europäische Kommission, die korrekte Anwendung von EU-Recht durch die EU-Mitgliedstaaten zu überwachen.

Die deutschen Behörden haben nun in beiden Fällen zwei Monate Zeit, Stellung zu nehmen. Ergreift Deutschland binnen zwei Monaten keine angemessenen Maßnahmen, kann die Kommission die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens einleiten.

Europäischer Haftbefehl: Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein

Die Kommission hat heute beschlossen, Aufforderungsschreiben an Deutschland, Schweden und Zypern zu richten, weil dieser Länder den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl (2002/584/JI) nicht vollständig und/oder nicht korrekt in nationales Recht umgesetzt haben. Der Europäische Haftbefehl sieht vereinfachte grenzüberschreitende justizielle Übergabeverfahren vor: Erlässt ein Richter eines Mitgliedstaats einen Haftbefehl zur Festnahme und Inhaftierung eines Verdächtigen, der eine schwere Straftat begangen hat, so gilt dieser Haftbefehl im gesamten Hoheitsgebiet der EU. Der Haftbefehl ist am 1. Januar 2004 an die Stelle der langwierigen Auslieferungsverfahren zwischen den EU-Mitgliedstaaten getreten. Damit der Europäische Haftbefehl ordnungsgemäß funktioniert, müssen alle Mitgliedstaaten alle Bestimmungen des Rahmenbeschlusses vollständig und korrekt in ihr nationales Recht umsetzen.

Deutschland, Schweden und Zypern haben diese versäumt, indem sie beispielsweise ihre Staatsangehörigen im Vergleich zu Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten bevorzugt behandeln und zusätzliche Gründe für die Ablehnung von Haftbefehlen vorsehen, die nicht im Rahmenbeschluss aufgeführt sind. Aus diesem Grund hat die Kommission heute beschlossen, Aufforderungsschreiben an die drei genannten Mitgliedstaaten zu übermitteln. Diese haben nun zwei Monate, um die ermittelten Mängel abzustellen. Andernfalls kann die Kommission beschließen, mit Gründen versehene Stellungnahmen zu übermitteln. Die Kommission hatte bereits im Oktober 2020 ein Aufforderungsschreiben an Irland und im Dezember 2020 an Österreich, Estland, Italien, Litauen, Polen und Tschechien gerichtet. Die Kommission prüft weiter, ob der Rahmenbeschluss in den anderen Mitgliedstaaten vollständig und korrekt umgesetzt wurde. Weitere Informationen zum Europäischen Haftbefehl sind hier zu finden.

Bekämpfung der Geldwäsche: Kommission fordert Deutschland auf, die 4. Geldwäscherichtlinie ordnungsgemäß umzusetzen

Die Kommission hat heute Aufforderungsschreiben an Deutschland, Portugal und Rumänien gerichtet, weil diese Länder die 4. Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben. Die Umsetzungsfrist für 4. Geldwäscherichtlinie lief am 27. Juni 2017 ab. Nach Prüfung der von diesen Mitgliedstaaten mitgeteilten Umsetzungsmaßnahmen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass mehrere Bestimmungen der Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt worden sind. Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist von zentraler Bedeutung für die Gewährleistung von Finanzstabilität und -sicherheit in Europa. Am 7. Mai 2020 veröffentlichte die Kommission einen Sechs-Punkte-Aktionsplan, um ihre Bemühungen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der EU zu intensivieren. Die jüngsten Geldwäscheskandale haben jedoch gezeigt, dass auf EU-Ebene strengere Vorschriften erforderlich sind. Gesetzeslücken in einem Mitgliedstaat wirken sich auf die EU insgesamt aus. Die EU-Vorschriften sollten daher wirksam umgesetzt und überwacht werden, um die Kriminalität zu bekämpfen und unser Finanzsystem zu schützen.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission heute festgestellt, dass die betroffenen Mitgliedstaaten grundlegende Aspekte des Rahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche angehen müssen, wie beispielsweise den ordnungsgemäßen Informationsaustausch zwischen den zentralen Meldestellen (FIU), die Sorgfaltspflichten bei der Feststellung der Kundenidentität, eine angemessene Zusammenarbeit zwischen den FIU oder die Transparenz der zentralen Register wirtschaftlicher Eigentümer.

Deutschland, Portugal und Rumänien müssen nun binnen zwei Monaten auf zufriedenstellende Weise auf die Argumente der Kommission antworten. Andernfalls kann die Kommission beschließen, eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln.

Quelle: EU-Kommission