EU-Recht - 24. Juni 2025

EuGH zum Verbraucherschutz bei der Zwangsvollstreckung eines Familienheims

EuGH, Pressemitteilung vom 24.06.2025 zum Urteil C-351/23 vom 24.06.2025

Der Verbraucherschutz und das Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes gebieten, dass Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen nach einer Zwangsvollstreckung aus einer Hypothek an ihrem Familienheim der Rechtmäßigkeit der Eigentumsübertragung auf einen Dritten entgegentreten können.

Dies gilt, wenn Verbrauchern die Möglichkeit vorenthalten wurde, die Aussetzung oder die Nichtigerklärung dieser Vollstreckung wegen des Vorhandenseins einer missbräuchlichen Klausel in dem Vertrag, auf dessen Grundlage die Vollstreckung betrieben wurde, auf dem Rechtsweg zu erwirken, obwohl es übereinstimmende Anhaltspunkte für die potenzielle Missbräuchlichkeit dieser Klausel gab und der Erwerber zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung davon Kenntnis hatte, dass entsprechende gerichtliche Schritte unternommen worden waren.

Ein slowakisches Regionalgericht ist mit einem Rechtsstreit befasst, in dem eine Gesellschaft, der bei einer außergerichtlichen Versteigerung der Zuschlag für ein als Familienheim dienendes Haus erteilt wurde, Räumungsklage gegen die Voreigentümer des Hauses erhoben hat. Den Voreigentümern war ein mit einer Hypothek an diesem Haus gesichertes Darlehen gewährt worden. Sie machen eine Verletzung ihrer Verbraucherrechte geltend und widersetzen sich der Räumung. Das slowakische Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen1 in einem solchen gerichtlichen Verfahren anwendbar ist. Es möchte auch wissen, ob diese Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, die die außergerichtliche Zwangsvollstreckung aus einer hypothekarischen Sicherheit zulässt, obwohl ein Antrag auf Aussetzung gestellt wurde, der auf eine möglicherweise missbräuchliche Klausel in dem Darlehensvertrag gestützt wird. Beide Fragen werden vom Gerichtshof bejaht.

In der Slowakei gewährte eine Bank einem Paar einen Kredit in Höhe von 63 000 Euro, der in monatlichen Raten bis Januar 2030 zurückzuzahlen war. Nach einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen konnte die Bank bei Zahlungsverzug sofort die vollständige Rückzahlung der ausstehenden Beträge verlangen, die durch eine Hypothek am Familienheim dieser Verbraucher gesichert waren.

Nachdem die Verbraucher mit der Zahlung in Verzug geraten waren, betrieb die Bank die Zwangsvollstreckung aus dieser hypothekarischen Sicherheit im Rahmen einer außergerichtlichen Versteigerung. Dagegen erhoben die Darlehensnehmer Klage vor Gericht, mit der sie eine Verletzung ihrer Verbraucherrechte durch die Bank geltend machten. Noch während der im Rahmen dieser Klage gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus der hypothekarischen Sicherheit anhängig war, wurde das Familienheim im Wege der Versteigerung an eine dritte Gesellschaft verkauft. Der Versteigerer und die Erwerberin waren bei der Versteigerung davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Gerichtsverfahren gegen die Zwangsvollstreckung im Gang war.

Die Darlehensnehmer weigerten sich, das Haus freizugeben, und die Gesellschaft erhob Räumungsklage gegen sie.

Daraufhin erhoben die Darlehensnehmer Widerklage, mit der sie der Rechtmäßigkeit der Übertragung des Eigentums an der Immobilie entgegentraten und eine Verletzung ihrer Verbraucherrechte sowie ihres Rechts auf Achtung der Wohnung geltend machten. Das Regionalgericht Prešov (Slowakei) hat den Gerichtshof mit der Sache befasst.

Der Gerichtshof antwortet erstens, dass der Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits, die Umstände, unter denen das Eigentum an der streitigen Immobilie übertragen wurde, nämlich, dass die Darlehensnehmer im Rahmen des außergerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht untätig geblieben waren, und das Vorliegen übereinstimmender Anhaltspunkte für das mögliche Vorhandensein einer potenziell missbräuchlichen Klausel in dem Vertrag, auf dessen Grundlage die Zwangsvollstreckung betrieben wurde, es rechtfertigen, dass sich die Darlehensnehmer auf die in der Richtlinie vorgesehenen Schutzmechanismen berufen können. Die Verbraucher hatten nämlich von den im slowakischen Recht vorgesehenen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, um dieser Vollstreckung entgegenzutreten, und gleichzeitig die in die Vollstreckung involvierten Personen über ihr Vorgehen informiert.

Folglich stellt sich der Schutz der Rechtssicherheit der bereits erfolgten Eigentumsübertragung auf einen Dritten im vorliegenden Fall nicht als absoluter Schutz dar, der der Anwendung der Richtlinie entgegenstünde, und die Richtlinie ist in dem gerichtlichen Verfahren vor dem Regionalgericht Prešov anwendbar.

Der Gerichtshof antwortet zweitens, dass eine nationale Regelung, die eine außergerichtliche Zwangsvollstreckung aus einer hypothekarischen Sicherheit an einem Familienheim trotz eines anhängigen Aussetzungsantrags und trotz übereinstimmender Anhaltspunkte dahin, dass diese Vollstreckung auf der Grundlage einer missbräuchlichen Vertragsklausel betrieben wird, zulässt, gegen das Unionsrecht verstößt, zumal, wenn die betreffenden Rechtsvorschriften nicht die Möglichkeit vorsehen, im Rahmen eines Verfahrens nach der Zwangsvollstreckung deren Nichtigerklärung wegen des Vorhandenseins einer solchen Klausel in dem Vertrag, auf dessen Grundlage diese Vollstreckung betrieben wurde, auf dem Rechtsweg zu erwirken.

Fußnote

1 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union