EU-Recht - 12. Juli 2021

Neue Strategie zur nachhaltigen Finanzierung vorgelegt

DATEV Informationsbüro Brüssel, Mitteilung vom 09.07.2021

Die EU-Kommission hat am 06.07.2021 ihre neue Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen vorgelegt. Sie soll einen Beitrag zur Erreichung der festgelegten EU-Klimaziele (Klimaneutralität bis 2050) und zur nachhaltigen Erholung nach der Pandemie leisten. Laut EU-Kommission werden in der EU ca. 350 Milliarden Euro jährlich für die Erreichung der 2030-Ziele im Hinblick auf die Emissionsreduzierung der Energiesysteme benötigt und weitere 130 Milliarden Euro für weitere Umweltziele. Da die Finanzierung nicht allein durch den öffentlichen Sektor geleistet werden kann, müssen u.a. private Finanzströme in nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten gelenkt werden. Zudem sollen unter stärkerer Einbeziehung kleiner und mittlerer Unternehmen Investitionen in den Übergang der EU zu einer nachhaltigen Wirtschaft gesteigert werden.

Die EU-Kommission schlägt Maßnahmen u. a. in folgenden Bereichen vor:

EU-Taxonomie und Labels

  • Gesetzesvorschlag, um die Finanzierung von bestimmten Wirtschaftstätigkeiten, v.a. im Energiesektor (z. B. Gas) zu unterstützen, die zur Emissionsreduzierung beitragen
  • mögliche Ausweitung der EU-Taxonomie auf Übergangstätigkeiten
  • Annahme eines ergänzenden delegierten Rechtsaktes zur Klimataxonomie, der Sektoren wie z. B. Landwirtschaft und bestimmte Sektoren der Energiewirtschaft erfasst
  • bis Q2/2022: Annahme eines delegierten Rechtsaktes, der Tätigkeiten, die einen wesentlichen Beitrag zu den anderen vier in der EU-Taxonomie-Verordnung genannten Umweltzielen (nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme) leisten
  • bis Ende 2021: Veröffentlichung eines Berichts zu einer sozialen Taxonomie
  • bis Ende 2021: Veröffentlichung eines Berichts mit Anforderungen an wirtschaftliche Tätigkeiten, die keine bzw. eine erhebliche Beeinträchtigung auf die ökologische Nachhaltigkeit haben
  • Entwicklung eines allgemeinen Rahmenwerkes für Labels für Finanzprodukte

Unterstützung für KMU und Verbraucher

  • KMU sollen einen besseren Zugang zur Nachhaltigkeitsberatung, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist, bekommen. Laut EU-Kommission sind sich KMU häufig nicht der Möglichkeiten, die nachhaltige Finanzierungsinstrumente bieten, bewusst. Sie wird den Mitgliedstaaten technische Unterstützung (im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/240 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung) anbieten, um KMU Zugang zu Nachhaltigkeitsberatungsdienstleistungen in der EU sowie Zugang zu nachhaltiger Finanzierung zu gewährleisten, der wenig Verwaltungsaufwand erfordert (vss. ab 2023). Jüngst hat die EU-Kommission ein digitales Tool, den sog. Taxonomie-Compass veröffentlicht, der Nutzern wie z.B. KMU verständlich die Inhalte der Taxonomie darstellt und die Integration von Taxonomie-Kriterien in Unternehmensdatenbanken und Reportingsysteme erleichtert.
  • Grüne Kredite könnten KMU und Verbraucher dabei unterstützen, die Energieeffizienz ihre Gebäude zu verbessern oder Elektroautos anzuschaffen. Die EU-Kommission wird die EBA um eine Stellungnahme zur Definition von und Unterstützung für grüne Kredite und – Hypotheken bitten (bis Q2/2022). Im Rahmen der Überprüfung der Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher wird die EU-Kommission Möglichkeiten prüfen, Energieeffizienzhypotheken aufzunehmen (bis Ende 2022).
  • Digitale Technologien unterstützen u. a. KMU auf dem Weg zu einem nachhaltigen Übergang. Jedoch haben sie auch negative Auswirkungen auf die Umwelt durch ihren steigenden Energiebedarf. Daher will die EU-Kommission die Auswirkungen von digitalen Finanztechnologien auf den Prüfstand stellen. Zudem soll die Entwicklung von und Investments in emissionsarme bzw. klimaneutrale Rechenzentren und distributed ledger Technologien (z.B. Kryptoassets) gefördert werden. Des Weitern wird geprüft, ob die EU-Taxonomie bis 2023 erweitert werden kann, indem weitere unterstützende Tätigkeiten aufgenommen werden.
  • Integration von Daten zur nachhaltigen Finanzierung in die laut EU-Datenstrategie angekündigten Datenräume

Integration von Nachhaltigkeit in die Rechnungslegung und Accounting

  • Zusammenarbeit der EU-Kommission mit EFRAG, ESMA und ISAB zur Frage, wie Rechnungslegungsstandards relevante Nachhaltigkeitsrisiken am besten erfassen
  • Förderung der Entwicklung von Standards für die Bewertung von Naturkapital in der EU und weltweit, Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Industrie im Hinblick auf die Bilanzierung von Biodiversität und Naturkapital

Geplante Maßnahmen auf internationaler Ebene

  • Die EU-Kommission will sich für die Entwicklung von internationalen nachhaltigen Finanzinitiativen und Standards einsetzen (insb. Prinzip der doppelten Wesentlichkeit und Einigung auf gemeinsame Ziele und Prinzipen für nachhaltige Taxonomien)
  • Die EU-Kommission wird sich für die Entwicklung einer soliden internationalen Governance für nachhaltige Finanzen einsetzen. Sie schlägt vor, das Mandat des Financial Stability Board zu erweitern, um die Perspektive der doppelten Wesentlichkeit zu integrieren.
  • Ausbau der Arbeiten der internationalen Plattform zur nachhaltigen Finanzierung (IPSF):
    • Im Herbst 2021 soll u.a. ein Bericht für eine „common ground Taxonomy“ veröffentlicht werden, der gemeinsame Merkmale bestehender Taxonomien, die von Behörden entwickelt wurden, aufgezeigt.
    • Veröffentlichung eines Berichts zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, der einen umfassenden Vergleich von Anforderungen an Unternehmen, Asset Manager und institutionelle Investoren bietet
    • Veröffentlichung eines Berichts zu einer „common ground Taxonomy“, der neue Taxonomien beinhaltet, die von Mitgliedsländern entwickelt werden
    • Vorschlag der EU-Kommission zur Ausweitung der Arbeiten des IPSF auf weitere Bereiche wie Biodiversität und Übergangsfinanzierung

Die EU-Kommission wird bis Ende 2023 über die Durchführung der Strategie Bericht erstatten und die EU-Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um ein nachhaltiges Finanzwesen aktiv unterstützen.

Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel