EU-Recht - 20. April 2022

EU-Kohäsionspolitik: Kommission genehmigt Partnerschaftsvereinbarung mit Deutschland im Umfang von 20 Mrd. Euro

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 19.04.2022

Die EU-Kommission hat am 19.04.2022 die Partnerschaftsvereinbarung mit Deutschland genehmigt. Sie zeigt auf, wie bis 2027 mehr als 20 Mrd. Euro EU-Mittel, unter anderem aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+), in den deutschen Bundesländern investiert werden können. Elisa Ferreira, EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, erklärte: „Die kohäsionspolitischen Investitionen werden Innovation, soziale Inklusion, Energieeffizienz und ökologischen Wandel fördern und Deutschland und insbesondere den Bundesländern dabei helfen, widerstandsfähiger und wettbewerbsfähiger zu werden und gleichzeitig Unterschiede innerhalb von Deutschland zu verringern.“

Die Bundesländer können mit den Kohäsionsmitteln der EU den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt fördern und so wichtige Prioritäten der EU wie den ökologischen und digitalen Wandel unterstützen.

Der für Beschäftigung und soziale Rechte zuständige EU-Kommissar Nicolas Schmit sagte: „Der Europäische Sozialfonds Plus wird in Deutschland maßgeblich dazu beitragen, den Menschen dabei zu helfen, neue und bessere Arbeitsplätze zu finden, die Kompetenzen zu erwerben, die sie für die angebotenen Arbeitsplätze benötigen, und ein Sicherheitsnetz für die Schwächsten der Gesellschaft zu knüpfen. Aus dem ESF wurden bereits zahlreiche wichtige Projekte in Deutschland kofinanziert, u. a. zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit, zur Unterstützung junger Menschen beim Übergang von der Schule ins Berufsleben sowie zur Unterstützung von Flüchtlingen bei der Arbeitssuche.“

Der für Umwelt, Meere und Fischerei zuständige EU-Kommissar Virginijus Sinkevičius ergänzte: „Die blaue Wirtschaft Europas spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Küstengemeinden und bei der Dekarbonisierung unserer Wirtschaft. Aus dem Europäische Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds werden innovative Projekte unterstützt, die zur nachhaltigen Nutzung und Bewirtschaftung aquatischer Ressourcen beitragen.“

Die Partnerschaftsvereinbarung betrifft drei kohäsionspolitische Fonds – den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und den Fonds für einen gerechten Übergang (JTF) – sowie den Europäischen Meeres‑, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF). Die neue Partnerschaftsvereinbarung regelt auch die Förderfähigkeit für den Fonds für einen gerechten Übergang sowie dessen Umsetzung in den Regionen, die am stärksten von Klimawandel betroffen sind.

Die Vereinbarung ebnet den Weg für die Umsetzung von 52 operationellen Programme vor Ort: 31 regionale, 2 nationale und 19 INTERREG-Programme. Jedes der 16 Bundesländer verwaltet getrennte EFRE- und ESF+-Programme, mit Ausnahme Niedersachsens, das sich für ein kombiniertes EFRE-/ESF+-Programm entschieden hat. Zwei Programme werden auf Bundesebene durchgeführt: das EMFAF-Programm und ein separates landesweites ESF+-Programm.

Eine grünere Wirtschaft

Vorrang erhalten strategische Investitionen in die Energieeffizienz und die Verringerung der CO2-Emissionen, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird. Ferner werden die Anpassung an den Klimawandel (einschließlich der Finanzierung des Hochwasserschutzes) sowie Initiativen für städtische Mobilität, Umweltschutz und die Verringerung der Umweltverschmutzung unterstützt. Fast 6 Prozent der EFRE-Mittel fließen in den Schutz der biologischen Vielfalt. Deutschland beabsichtigt, mehr als die Hälfte seiner EMFAF-Mittel für Umweltziele einzusetzen.

Mehr Forschung und Innovation

Deutschland plant, 30 Prozent der Investitionen im Rahmen der Partnerschaftsvereinbarung für die Unterstützung von Forschung und Innovation in Unternehmen, die Digitalisierung, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und die intelligente Spezialisierung einzusetzen.

Mehr sozialer Zusammenhalt

Einer der Schwerpunkte Deutschlands ist die Förderung des sozialen Zusammenhalts, auf den über 30 Prozent der Gesamtmittel entfallen. So wird insbesondere der ESF+ inklusive, hochwertige berufliche Aus- und Weiterbildung sowie lebenslanges Lernen unterstützen. Gefördert wird auch die Entwicklung inklusiver sozialer Dienste, wie z. B. die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit benachteiligter Gruppen und die Einrichtung von Unterstützungsdiensten für ältere Menschen wie Pflege- und Begleitdiensten. Durch Investitionen in Um- und Weiterqualifizierungsangebote soll darüber hinaus die Resilienz von Arbeitskräften und Unternehmen verbessert und so ein Beitrag zur Schaffung einer klimaneutralen, digitaleren und inklusiveren Gesellschaft geleistet werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt Maßnahmen im Bereich der sozialen Inklusion, wie der Bekämpfung der Kinderarmut und der Integration von Migranten und Flüchtlingen, auch der vor der Invasion der Ukraine durch Russland flüchtenden Menschen.

Einbeziehung der Menschen vor Ort in die Projektentwicklung

Für Instrumente zur territorialen Entwicklung sind 5 Prozent der Mittel vorgesehen. Hier geht es um die Entwicklung integrierter territorialer Strategien, vor allem in städtischen Gebieten. Beispielsweise arbeitet das Land Sachsen-Anhalt bei der Konzeption und Umsetzung von Strategien, der Entscheidungsfindung und der Ressourcenzuteilung mit lokalen Aktionsgruppen zusammen, um auf diese Weise benachteiligte ländliche und städtische Gebiete zu stärken. Zehn deutsche Bundesländer werden lokale Fischereiaktionsgruppen im Rahmen des EMFAF unterstützen, um die Resilienz und den lokalen Initiativgeist in Küsten- und Binnengemeinschaften zu stärken, die von Fischerei und Aquakultur abhängig sind.

Hintergrund

Im Rahmen der Kohäsionspolitik arbeitet jeder Mitgliedstaat gemeinsam mit der Kommission eine Partnerschaftsvereinbarung aus. Dieses strategische Dokument dient der Planung von Investitionen aus den kohäsionspolitischen Fonds und dem EMFAF während der Laufzeit des mehrjährigen Finanzrahmens. In der auf EU-Prioritäten ausgerichteten Vereinbarung sind die Strategie und die Investitionsprioritäten festgelegt, für die sich der betreffende Mitgliedstaat entschieden hat. Außerdem enthält sie eine Liste der nationalen und regionalen Programme, die das Land umsetzen möchte, sowie eine vorläufige jährliche Mittelzuweisung für jedes Programm. Nach der Partnerschaftsvereinbarung mit Griechenland wurde mit der Vereinbarung mit Deutschland nun die zweite Vereinbarung der neuen Förderperiode genehmigt.

Quelle: EU-Kommission