Berufsstand - 6. Februar 2025

Erfolgshonorar und Kostenfinanzierung: Großteil der Anwaltschaft nutzt neue Möglichkeiten nicht

BRAK, Mitteilung vom 05.02.2025

Das sog. Legal Tech-Gesetz erlaubt Anwältinnen und Anwälten seit 2021 in bestimmten Fällen, wie Legal Tech-Anbieter erfolgsbasierte Honorare zu verlangen und Prozesskosten ihrer Mandantschaft zu übernehmen. Das Gesetz wird gerade evaluiert. Eine Umfrage in der Anwaltschaft ergab: Die neuen Möglichkeiten werden kaum genutzt, weil das eigene Risiko zu hoch ist und Mandanten wenig Interesse daran haben.

Nach dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt, kurz Legal Tech-Gesetz, dürfen Anwältinnen und Anwälte seit dem 01.10.2021 in bestimmten Fällen Erfolgshonorare vereinbaren und Prozesskosten ihrer Mandanten übernehmen. Dazu zählen Streitigkeiten um Geldforderungen bis zu 2.000 Euro und außergerichtliche Inkassodienstleistungen.

Der Bundestag hatte damals auch beschlossen, dass das Lega Tech-Gesetz nach drei Jahren evaluiert werden muss. Die vom Bundesministerium der Justiz durchgeführte Evaluierung soll ergründen, in welchem Umfang die Anwaltschaft von den neuen Möglichkeiten seit dem 01.10.2021 Gebrauch gemacht hat, inwiefern dabei Probleme aufgetreten sind und ob Erfolgshonorare künftig auf alle vor Amtsgerichten geltend zu machenden Forderungen ausgeweitet werden sollten. An der Evaluierung hat die BRAK sich mit einer Stellungnahme beteiligt. In diese flossen auch die praktischen Erfahrungen von Anwältinnen und Anwälten ein, welche die BRAK im Rahmen einer Umfrage im Dezember und Januar eruiert hat.

Die Umfrage zeigt, dass Erfolgshonorarvereinbarungen in der Praxis äußerst selten angewandt werden. Nur lediglich 8,43 % der an der Umfrage teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtanwälte gaben an, dass sie seit dem 01.10.2021 Erfolgshonorare vereinbart hätten. Dafür gaben die Befragten unterschiedliche Gründe an; die häufigsten waren, die Mandantschaft habe hieran kein Interesse und das eigene Risiko, keine Vergütung zu erhalten, sei zu hoch; zudem wird eine Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit durch Erfolgshonorare gesehen. Im Ergebnis besteht aus Sicht der BRAK kein Anlass, die Grenze von derzeit 2.000 Euro bei pfändbaren Geldforderungen anzuheben, bis zu der Erfolgshonorare zulässig sind. Die Umfrage zeigte zudem, an welchen Stellen sich Probleme bei der praktischen Handhabung von Erfolgshonorar ergeben haben.

Auch die Möglichkeit, Prozesskosten der Mandantschaft zu übernehmen, wird in der Praxis selten genutzt. Gut 98 % der teilnehmenden Anwältinnen und Anwälte gaben an, sie hätten von der Möglichkeit der Prozessfinanzierung seit Inkrafttreten des Legal Tech-Gesetzes keinen Gebrauch gemacht. Als Gründe wurden hier ebenfalls überwiegend angegeben, die Mandantschaft habe kein Interesse und das anwaltliche Kostenrisiko sei zu hoch; zudem halten viele die Prozesskostenfinanzierung durch Anwälte für unseriös und sehen ihre Unabhängigkeit gefährdet. Bei denjenigen Anwältinnen und Anwälten, die Prozesskosten – am häufigsten: Gerichtskosten – ihrer Mandantschaft finanziert haben, gab es überwiegend keine Probleme.

Im Ergebnis sieht die BRAK ihre bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Legal Tech-Gesetz geäußerte Kritik durch die Erfahrungsberichte aus der Anwaltschaft bestätigt.

Zudem ist die BRAK weiterhin der Auffassung, dass als wichtiger Beitrag zu mehr Kohärenz mit dem Berufsrecht der Anwaltschaft die Konkretisierung der Inkassoerlaubnis nach § 2 II 1 RDG und das Nachweissystem zur Sachkunde der Inkassodienstleister dringend zu ändern sind. Hierzu verweist sie auf einen bereits früher von ihr formulierten Gesetzesvorschlag.

Ferner hält die BRAK eine strengere Regelung bei den Darlegungs- und Informationspflichten nach § 13b RDG zum Schutz der Verbraucher für erforderlich und lehnt eine Lockerung oder gar Abschaffung der Nichtigkeitsfolge bei einem RDG-Verstoß ab. Um mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher zu erreichen, macht die BRAK konkrete Vorschläge, über welche Punkte Inkassodienstleister aufklären müssen.

Bestrebungen, für Inkassodienstleister vergleichbare Berufspflichten wie für die Anwaltschaft einzuführen, sieht die BRAK hingegen sehr kritisch. Dies würde aus ihrer Sicht zu einer Verwässerung der anwaltlichen Kernwerte führen und sei nicht im Interesse der Verbraucher, weil es zu einer Absenkung des Schutzniveaus zu deren Lasten führen würde.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Berlin – Ausgabe 3/2025