EU-Recht - 13. Oktober 2022

Durchsetzung des EU-Rechts: Die Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 13.10.2022

Die Europäische Kommission hat am 13.10.2022 eine Mitteilung über die Durchsetzung des EU-Rechts angenommen, in der sie darlegt, wie sie dafür sorgt, dass das EU-Recht eingehalten wird und Bürger und Unternehmen in der gesamten EU dieselben Rechte genießen können. Der ordnungsgemäßen Anwendung des EU-Rechts ist zu verdanken, dass es möglich ist, sauberere Luft zu atmen, in der ganzen EU frei zu reisen und zu arbeiten oder die Kosten für im Ausland erhaltene Gesundheitsleistungen erstattet zu bekommen. Das EU-Recht hat spürbare Auswirkungen auf den Alltag der Menschen in Europa. Deshalb gehört die Durchsetzung des EU-Rechts zu den obersten Prioritäten der Kommission.

Die Bemühungen der Kommission um eine Förderung der Rechtsbefolgung beginnen bereits in einer frühen Phase, wenn EU-Recht konzipiert und verabschiedet wird. Die Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten entwickelt, darunter praktische Leitlinien, Finanzierung und Überwachung, damit es erst gar nicht zu Verstößen gegen EU-Recht kommt. Gleichzeitig zögert die Kommission bei Verstößen gegen EU-Recht nicht, rechtliche Schritte zu unternehmen und Vertragsverletzungsverfahren in Gang zu setzen. In den letzten Jahren hat die Kommission wegweisende Verfahren eingeleitet, um Grundwerte zu schützen: Gleichheit, Gerechtigkeit und Unionsbürgerschaft.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen‚ erklärte: „Das EU-Recht schafft Freiheit, Fairness und Gleichheit in der EU. Es ist die treibende Kraft hinter einem grüneren, wohlhabenderen und digitaleren Europa, in dem sich die Bürgerinnen und Bürger sicher und geschützt fühlen können. Hierauf sollte ausnahmslos jede Europäerin und jeder Europäer ein Recht haben. Deshalb brauchen wir eine umfassende, intelligente und strategische Durchsetzung des EU-Rechts, um sicherzustellen, dass die Europäerinnen und Europäer und die Unternehmen die Vorteile, die die EU zu bieten hat, in vollem Umfang nutzen können.“

Die Mitteilung

Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten

Als Hüterin der Verträge trägt die Kommission die zentrale Verantwortung für die Durchsetzung des EU-Rechts. Dafür ist jedoch Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung. Die Anwendung und Durchsetzung des EU-Rechts ist das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung verschiedener Akteure, darunter nationale Gerichte, Parlamente, Regulierungsstellen, Verbraucher- oder Datenschutzbehörden sowie Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit. Insbesondere den nationalen Gerichten, die bei der Anwendung des EU-Rechts als Gerichte der EU fungieren, kommt in der Durchsetzungskette eine besondere Bedeutung zu, da die Bürgerinnen und Bürger über sie wirksamen Zugang zu Rechtsschutz erhalten können.

Überwachung und Früherkennung von Verstößen gegen EU-Recht

Mehr Transparenz und Überwachung haben sich als wirksam erwiesen, wenn es darum geht, die Mitgliedstaaten rascher zur Rechtsbefolgung zu bewegen und die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Der Binnenmarktanzeiger, das EU-Justizbarometer, die Länderberichte des Europäischen Semesters, der Bericht über die Rechtsstaatlichkeit, die Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik und die Schengen-Evaluierung sind nur einige der Instrumente, die helfen, mögliche Probleme zu ermitteln, bei denen die Durchsetzung des EU-Rechts notwendig sein könnte.

Intelligente Durchsetzung und Verhinderung von Verstößen von Anfang an

Um unterschiedliche Auslegungen neu erlassenen EU-Rechts zu verhindern und ein gemeinsames Verständnis der bestehenden Vorschriften zu fördern, bietet die Kommission den Mitgliedstaaten praktische Leitlinien, Sitzungen und Schulungen an. Neben technischer Hilfe leistet die Kommission auch finanzielle Unterstützung. Die im Rahmen der europäischen Regional- und Strukturfonds oder der Aufbau- und Resilienzfazilität verfügbaren Mittel sind zwar keine Durchsetzungsinstrumente, können aber einen Wandel herbeiführen und die Umsetzung des EU-Rechts beschleunigen.

Strategische Durchsetzung und Vorverfahren zum Vertragsverletzungsverfahren (EU-Pilot)

Ziel der Kommission ist es, dafür zu sorgen, dass die Vorteile des EU-Rechts so schnell wie möglich den Bürgern und Unternehmen zugutekommen. Deshalb kann die Kommission in einigen, auch eher technischen Fällen beschließen, ein als EU-Pilot bezeichnetes Vorverfahren zu nutzen, das die Rechtsbefolgung in der Regel zügiger gewährleistet als ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren. Das EU-Pilot-Verfahren hat sich als sehr nützlich erwiesen. Im Jahr 2021 wurden mehr als 80 % der EU-Pilot-Verfahren erfolgreich abgeschlossen. Wenn dieses Verfahren keinen Erfolg hat, wird ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Bekämpfung von Verstößen gegen EU-Recht durch Gerichtsverfahren

Die Nutzung von Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission hat sich im Laufe der Zeit dahin weiterentwickelt, dass der Bekämpfung der Verstöße mit den größten Auswirkungen auf die Interessen von Bürgern und Unternehmen Vorrang eingeräumt wird. Die Kommission hat daher ihre Anstrengungen in den Bereichen Umwelt, digitaler Wandel und Grundrechte verstärkt. So hat die Kommission in noch nie da gewesenem Umfang rechtliche Schritte zum Schutz der Grundwerte der EU unternommen, etwa im Hinblick auf die Nichtdiskriminierung der LGBT-Gemeinschaft, die Medienfreiheit, die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz. Darüber hinaus wurde ein größerer Teil der Verfahren aufgrund eigener Ermittlungen der Kommission eingeleitet, bei denen in den letzten fünf Jahren trotz schwerer Krisen ein stetiger Anstieg zu verzeichnen war. Insgesamt zeigen die Vertragsverletzungsverfahren Wirkung: Mehr als 90 % der Verfahren werden abgeschlossen, bevor eine Anrufung des Gerichtshofs notwendig wird.

Schnelle und wirksame Reaktionen auf Krisen

Krisen oder Notsituationen wie die COVID-19-Pandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben die umfassende Rechtsbefolgung durch die Mitgliedstaaten auf die Probe gestellt. Die Kommission hat die Mitgliedstaaten mit einer Vielzahl von Maßnahmen bei der Anpassung an sich ändernde Umstände unterstützt, vom Vorschlag neuer Rechtsvorschriften über die Anpassung bestehender Vorschriften bis hin zur Bereitstellung von Leitlinien und finanzieller Unterstützung. Erforderlichenfalls wurden auch Vertragsverletzungsverfahren genutzt, um beispielsweise Ausfuhrbeschränkungen zu verhindern und die Verbraucherrechte zu schützen.

Nächste Schritte

Die Durchsetzung des EU-Rechts ist kein einmaliges Ereignis, sondern erfordert kontinuierliche und nachhaltige Anstrengungen der Mitgliedstaaten und der Kommission, um die kohärente und wirksame Anwendung der EU-Vorschriften zu fördern. Derzeit wird in der Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine Bestandsaufnahme gemacht, um sicherzustellen, dass die bestmöglichen Durchsetzungsinstrumente zur Verfügung stehen, damit das EU-Recht in der Praxis funktioniert. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei einer besseren Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung von Verordnungen und einer noch größeren Transparenz bei den Durchsetzungsmaßnahmen. Die Kommission wird 2023 über die Ergebnisse Bericht erstatten.

Quelle: EU-Kommission