Strafverfahren - 20. November 2024

Dolmetscher nicht vereidigt: Prozess muss wiederholt werden

BRAK, Mitteilung vom 20.11.2024 zum Beschluss 2 StR 431/23 vom 09.09.2024

Ein Dolmetscher sagte zweimal die Unwahrheit über seine Vereidigung – aufgrund von Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit war die Revision erfolgreich.

Findet die strafrechtliche Hauptverhandlung unter Zuhilfenahme eines nicht vereidigten Dolmetschers statt, so ist dies in der Regel ein Verstoß gegen § 189 GVG, der mit der Revision gerügt werden kann. Zwar gebe es Ausnahmen, in denen die fehlende Vereidigung nicht auf die Unzuverlässigkeit des Dolmetschers schließen lasse, so der BGH. Dies jedoch nur, wenn der Sachverhalt ansonsten keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Dolmetschers zulasse (Beschluss vom 09.09.2024, Az. 2 StR 431/23).

In einem Strafprozess gegen zwei serbische Angeklagte wegen Betäubungsmitteldelikten kam an drei von vier Verhandlungstagen der Dolmetscher K. zum Einsatz. Vor Beginn seiner Tätigkeit erklärte er, er sei allgemein beeidigt. In der Annahme der Richtigkeit der Angaben des Dolmetschers sah das Landgericht an jedem der drei Verhandlungstage mit ihm davon ab, ihn gemäß § 189 Abs. 1 GVG zu vereidigen. An zwei Tagen übersetzte er jeweils für einen der Angeklagten, an einem Tag sogar für beide. Später stellte sich jedoch heraus, dass er tatsächlich keinen allgemeinen Eid abgelegt hatte. Daraufhin behauptete er, jeden Tag erneut vereidigt worden zu sein – was nach dem Vorsitzenden „definitiv“ ausgeschlossen war. Die Angeklagten beriefen sich in der Revision nun auf eine Verletzung von § 189 GVG.

BGH: Verhalten des Dolmetschers spricht gerade für Unzuverlässigkeit

Der BGH gab ihnen Recht. Dadurch, dass der Übersetzer unvereidigt Übersetzungsleistungen erbrachte, habe das Landgericht gegen § 189 GVG verstoßen. Danach sei jeder Dolmetscher in der Hauptverhandlung zwingend („der Dolmetscher hat“) vor seinem Einsatz („übertragen werde“) zu vereidigen. Ein Verzicht auf die Vereidigung sei aufgrund ihrer Bedeutung in Strafsachen nicht statthaft. Die Eidesleistung könne nach § 189 Abs. 1 GVG durch individuellen Eid oder durch Berufung auf den Eid nach § 189 Abs. 2 GVG erfolgen, sofern der Dolmetscher nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt sei. Beides habe hier aber klar nicht vorgelegen.

Die fehlende Vereidigung sei ein relativer Revisionsgrund. Zweck der Vereidigung sei es, dem Dolmetscher seine besondere Verantwortung für die Wahrheitsfindung im konkreten Fall zu verdeutlichen und bewusst zu machen. Daher beruhe ein Urteil in der Regel auch auf einem Verstoß gegen § 189 GVG. Zumeist könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein beeidigter Dolmetscher sorgfältiger als ein nicht vereidigter Dolmetscher übersetzt hätte.

Es gebe zwar Ausnahmefälle, in denen das Urteil nicht auf diesem Fehler beruhe. Dies jedoch nur, wenn die Zuverlässigkeit des Dolmetschers auf andere Weise sichergestellt werden könne. Etwa wenn der allgemeine Eid nur wegen Fristablaufs erloschen war, sich nicht auf die konkrete Sprache bezogen habe oder ein tatsächlich vereidigter Dolmetscher sich versehentlich nicht vor der Verhandlung darauf berufen habe. Eine solche Ausnahme komme hier aber gerade nicht in Betracht. Tatsächlich habe der Dolmetscher gleich zweimal die Unwahrheit im Hinblick auf seine Vereidigung gesagt, was umgekehrt gerade Zweifel an dessen Zuverlässigkeit wecke.

Daran ändere sich auch nichts, weil an zwei der drei Tage, in denen er im Einsatz war, auch eine andere Dolmetscherin für den jeweils anderen Angeklagten tätig wurde. Zum einen, weil er an einem Tag allein für beide übersetzte. Zum anderen, weil es nicht Aufgabe einer zweiten Dolmetscherin sei, Kollegen zu überwachen.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer