BRAK, Mitteilung vom 14.11.2024
Mit dem Justizstandort-Stärkungsgesetz werden im kommenden Jahr englischsprachige Commercial Courts eingeführt. In massenhaften Fällen kann der Bundesgerichtshof wichtige Rechtsfragen in Leitentscheidungen vorab klären. Beide Gesetze wurden im Oktober im Bundesgesetzblatt verkündet.
Zwei wichtige Reformprojekte für den Zivilprozess wurden im Oktober abgeschlossen. Das Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit (Justizstandort-Stärkungsgesetz) wurde am 10.10.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet. Der überwiegende Teil des Gesetzes tritt am 25.04.2025 in Kraft. Es sieht im Wesentlichen die Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch vor. Damit sollen vor allem im Bereich der Wirtschaftszivilsachen Verfahren ab einem Streitwert von 500.000 Euro in englischer Sprache an sog. Commercial Courts geführt werden können. Dies diene der Stärkung des Gerichtsstandorts Deutschland für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten.
Das Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof (BGH) wurde am 30.10.2024 im verkündet und trat am Folgetag in Kraft. Als Ziel dieses Gesetzes ist die Ermöglichung einer effizienteren Erledigung von Massenverfahren formuliert. Im Falle von Massenklagen können nun entscheidungserhebliche Rechtsfragen durch Leitentscheidung des Bundegerichtshofs geklärt werden, selbst wenn Revisionen zurückgenommen werden oder ein Verfahren sich anderweitig erledigt. Dies soll zu einer Entlastung der Zivilgerichte und zu einer erhöhten Rechtssicherheit beitragen.
Bereits am Tag des Inkrafttretens machte der BGH von der neuen Möglichkeit Gebrauch. Der u. a. für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus der Datenschutz-Grundverordnung zuständige VI. Zivilsenat bestimmte ein Revisionsverfahren aus dem sog. Scraping-Komplex zum Leitentscheidungsverfahren. -Dabei geht es um Ansprüche nach einem Datenschutzvorfall bei Facebook, bei dem unter anderem Namen, Orts- und Geschlechtsangaben mit Telefonnummern verknüpft und von Dritten abgegriffen wurden. Der Fall wirft eine Reihe auch für eine Vielzahl parallel gelagerter Verfahren beim BGH und den Instanzgerichten bedeutsamer Rechtsfragen auf, u. a. ob der bloße Verlust über die Kontrolle der gescrapten Daten geeignet ist, einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 I DSGVO zu begründen, und wie in einem solchen Fall der Schaden zu bemessen wäre. Diese Verfahren können nunmehr grundsätzlich bis zur Erledigung des Leitentscheidungsverfahrens ausgesetzt werden.
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Berlin – Ausgabe 23/2024