LG Frankfurt, Mitteilung vom 23.08.2022 zum Urteil 2-24 S 119/21 vom 14.04.2022 (rkr)
Der Kläger buchte für seine Ehefrau und sich Anfang März 2020 eine Reise in einen Club der Beklagten nach Fuerteventura inklusive Flug ab Stuttgart für die Zeit vom 14.03.2020 bis 28.03.2020 zu einem Preis von insgesamt 3.600 Euro. Das Ehepaar trat die Reise an. Wegen der Corona-Pandemie wurden behördliche Anordnungen erlassen, aufgrund derer ab dem zweiten Reisetag der Strandzugang geschlossen wurde, tags darauf der Wellnessbereich, danach die Poolanlage und schließlich auch die Tennisplätze und das clubeigene Bistro.
Das Hotelmanagement ging außerdem ab dem 16.03.2020 dazu über, die Anlage zu renovieren. Durch den Einsatz von Schlagbohrern und Brennern sowie den Auf- und Abbau von Gerüsten kam es zwischen 8 und 17 Uhr zu erheblichem Baulärm. Vor dem Bungalow des Klägers und seiner Frau wurde zudem ein Materialumschlagplatz angelegt, von dem ebenfalls großer Lärm ausging.
Der Kläger rügte gegenüber der Reiseleitung vor Ort den Baulärm, das Fehlen des Meerzugangs und die Sperrung des Wellnessbereichs.
Am 20.03.2020 teilte die Beklagte dann mit, dass die Reise ab dem 21.03.2020 abgebrochen werde. Der Kläger und seine Ehefrau wurden auf einem Flug nach Frankfurt anstelle nach Stuttgart zurück nach Deutschland gebracht und zwar in der Economy-Class und nicht in der ursprünglich gebuchten Premium Economy-Class.
Der Kläger hat aufgrund von Reisemängeln eine Minderung des Reisepreises verlangt und zwar umgerechnet auf die betroffenen Tage je 20 % des Tagespreises für den gesperrten Meerzugang und die Schließung des Wellnessbereichs, für die Poolsperre und die geschlossenen Tennisplätze je 10 %, für den Lärm und die geschlossene Snackbar je 5 %, weiter 10 % für die Herabstufung in die Economy-Class sowie 5 % für die Beförderung nach Frankfurt statt nach Stuttgart. Ab dem 21.03.2020 hat er den Reisepreis für die nicht erfolgten Reisetage vollständig zurückverlangt. Die Beklagte bot ihm Gutscheine an. Der Kläger lehnte ab.
In einem Berufungsurteil vom 14.04.2022 (Az. 2-24 S 119/21) hat die Reiserechtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main die Klageforderung überwiegend bejaht: Die Schließungen und Einschränkungen im Club der Beklagten stellten Reisemängel dar und berechtigten zur Minderung in geltend gemachter Höhe. Die Einschränkungen aufgrund der Pandemie seien nicht dem sog. allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden zuzuordnen, sondern sie beträfen das unmittelbare Leistungssoll des Reiseveranstalters. Wenn der Veranstalter bestimmte Nutzungsmöglichkeiten verspreche, trage auch er die Gefahr des Gelingens der Pauschalreise – nicht aber der Reisende. Für die verlorenen Urlaubstage nach Abbruch der Reise schulde die Beklagte außerdem vollen Ersatz.
Mangels Abhilfemöglichkeiten sei es auch unerheblich, ob der Kläger neben dem Baulärm auch alle coronabedingten Einschränkungen vor Ort gerügt habe. Denn der Veranstalter hätte ohnehin nicht abhelfen können. Anders sei es in Bezug auf das „Downgrade“ auf dem Rückflug in die Economy-Class: Hier habe der Kläger nicht dargetan, dass die Beklagte ein Umsetzen oder eine Umbuchung tatsächlich abgelehnt habe, sodass dafür keine Minderung verlangt werden könne.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: LG Frankfurt am Main