BMWK, Pressemitteilung vom 04.08.2022
Um die Wärme- und Energieversorgung in der kommenden Kälteperiode zu sichern, hat das Bundeskabinett im schriftlichen Umlaufverfahren am 4. August 2022 eine befristete Gas-Sicherungsumlage auf Basis des § 26 Energiesicherungsgesetz verabschiedet. Ziel ist es, in der durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise Insolvenzen und Lieferausfälle in der Gasversorgung zu verhindern und so die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Die befristete Umlage soll durch weitere, zielgenaue Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger und eine Verlängerung der Hilfsprogramme für die Wirtschaft flankiert werden.
Die Rechtsverordnung der Bundesregierung wird dem Bundestag nun zur Konsultation vorgelegt. Anschließend wird sie im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Rechtsverordnung soll voraussichtlich Mitte August 2022 in Kraft treten und vom 1. Oktober 2022 greifen. Sie endet am 1. April 2024. Die Geltung der Rechtsverordnung ist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des Energiesicherungsgesetzes zeitlich befristet, sie gilt bis zum 30. September 2024.
Vizekanzler und Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck:
„Russland hat mit dem Angriff auf die Ukraine auch eine schwere Energiekrise produziert, künstliche Energieknappheit geschaffen und die Preise in die Höhe getrieben. Dieser externe Schock trifft unser Land, das über Jahre stark von günstigem Gas aus Russland abhängig war, besonders. Wir setzen alles daran, unabhängiger zu werden und sind auf einem guten Weg. Wir müssen uns darauf aber einstellen: Gas ist inzwischen ein knappes und teures Gut.“
Habeck betonte: „Die befristete Umlage ist eine Folge der durch Russland verursachten Krise. Sie ist kein leichter Schritt, aber sie ist nötig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und in der Wirtschaft zu sichern. Dabei werden die Kosten möglichst solidarisch verteilt: Die betroffenen Gasimporteure tragen bis zum Oktober alle Kosten für die Ersatzbeschaffung allein. Danach werden diese gleichmäßig auf viele Schultern verteilt. 10 Prozent der Kosten tragen die betroffenen Gasimporteure für die Zeit der Umlage selbst.“
Der Minister machte deutlich: „Die Entscheidung der Bundesregierung für die befristete Umlage wird und muss von weiteren Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger begleitet werden. Wir haben uns in einem ersten Schritt auf zielgenaue Entlastungen verständigt, die gerade jenen helfen, die wenig haben. Weitere Entlastungsschritte sind aus meiner Sicht dringend nötig. Die Krise, die Russlands völkerrechtswidriger Angriff, produziert hat, braucht eine starke soziale Antwort.“
Habeck sagte weiter: „Auch ein Teil der Unternehmen steht durch die hohen Preise unter Druck. Entsprechend werden wir die Hilfsprogramme verlängern und so in dieser Krise helfen. Es geht hierbei um den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Aufrechterhaltung von Lieferketten.“
Näheres zur Verordnung
Die Rechtsverordnung zur Einführung einer Gas-Sicherungsumlage basiert auf § 26 des Energiesicherungsgesetzes. Übergreifendes Ziel ist es, die Marktmechanismen und Lieferketten so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, Insolvenzen von Gashändlern und Dominoeffekte in der Lieferkette der Energiewirtschaft zu verhindern.
Hintergrund ist folgender: Durch die Lieferkürzungen Russlands fallen bisher vertraglich zugesicherte Gaslieferungen weg. Deshalb können die betroffenen Gasimporteure ihre Lieferpflichten gegenüber den Energieversorgern (wie Stadtwerken) nur noch mit zusätzlichen Neueinkäufen erfüllen – das aber zu wesentlich höheren Kosten. Den Gasimporteuren fehlen aber zunehmend die Mittel für diese Ersatzbeschaffung, weil sie aufgrund von vertraglichen Regeln die höheren Preise zum jetzigen Zeitpunkt nicht an ihre Kunden weitergeben können. Hierdurch entstehen erhebliche Verluste. Wenn diese zu groß sind, drohen diese für das Funktionieren der Gasversorgung in Deutschland relevanten Gasimporteure zusammenzubrechen, was wiederum zu Lieferausfällen und weiteren Insolvenzen führen kann; damit wäre die Gasversorgung von privaten und gewerblichen Verbrauchern insgesamt gefährdet.
Daher greift die Bundesregierung nun in den Markt ein. Bis Anfang Oktober tragen die betroffenen Gasimporteure weiterhin die hohen Kosten für die Ersatzbeschaffung vollständig allein. Ab dem 1. Oktober haben sie aber mit der nun beschlossenen Rechtsverordnung die Möglichkeit, für einen Großteil ihrer Ersatzbeschaffungskosten einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, aber nur für eine begrenzte Zeit. Den Ausgleich können die Gasimporteure bei dem Marktgebietsverantwortlichen, der Trading Hub Europe, beantragen. Konkret können sie dabei 90 Prozent der tatsächlichen Mehrbeschaffungskosten geltend machen, und das nur für Bestandsverträge. Ein Wirtschaftsprüfer oder andere in der Verordnung genannte Prüfer müssen die Richtigkeit testieren. Daneben nimmt die Bundesnetzagentur als unabhängige Behörde eine Überwachungsrolle ein.
Um den Ausgleich zu finanzieren, können die Kosten über die „saldierte Preisanpassung“, also eine Art Umlage, auf viele Schultern verteilt werden. Damit wird auch verhindert, dass es für einen Teil der Gaskunden – nämlich die, die mittelbar von jenen Gasimporteuren versorgt werden, die hohe Ersatzbeschaffungskosten haben, zu untragbaren Preissteigerungen und in der Wirtschaft zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.
Die genaue Höhe der befristeten Umlage berechnet der Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe. Sie wird am 15. August mitgeteilt. Das genaue Berechnungsverfahren legt die Verordnung fest. Ab dem 1. Oktober erhebt THE die befristete Umlage gegenüber den sog. Bilanzkreisverantwortlichen, die diese dann wiederum – je nach Ausgestaltung der Vertragsbedingungen – an ihre privaten und gewerblichen Kunden weiterreichen können. Die Umlage wird monatlich abgerechnet und kann alle drei Monate angepasst werden.
Damit die Energieversorger mögliche Preissteigerungen rechtssicher und transparent mitteilen können, soll die Verordnung bis zum 9. August in Kraft treten. Einzelfragen, die im Rahmen der Ressortabstimmung und der Anhörung des Parlaments nicht abschließend geklärt werden konnten, werden unabhängig vom Inkrafttreten der Verordnung weiter geprüft.
Eine ausführliche FAQ Liste zur Rechtsverordnung finden Sie hier.
Quelle: BMWK