Schwerbehindertenrecht - 14. August 2019

Berücksichtigung einer Adipositas bei der Zuerkennung des Merkzeichens „G“

SG Karlsruhe, Pressemitteilung vom 23.07.2019 zum Urteil S 17 SB 3955/16 vom 20.11.2018 (nrkr)

Der Kläger begehrt die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Er leide an Rückenschmerzen, Funktionsstörungen beider Füße und chronisch-venöser Insuffizienz, wodurch seine Gehfähigkeit massiv eingeschränkt sei. Erschwerend trete sein Übergewicht hinzu. Der Beklagte lehnte seinen Antrag ab. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ seien nicht erfüllt, da keine der in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung – Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) – genannte Fallgruppe bzw. diesen vergleichbare Behinderungen vorlägen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch schriftliche Anhörung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen sowie Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. Lucas. Seiner Einschätzung nach werde die Gehfähigkeit beeinflusst durch die Behinderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und der unteren Extremitäten, wobei sich auch die Adipositas ungünstig auswirke.

Die Klage vor der 17. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hatte keinen Erfolg:

Zwar sei die Gehfähigkeit des Klägers beeinträchtigt, die Beeinträchtigung erreiche jedoch noch nicht ein solches Maß, dass er wegen seiner Gesundheitsstörungen gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht mehr in der Lage wäre, ohne erhebliche Schwierigkeiten oder ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Die Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und der Lendenwirbelsäule seien zusammenfassend nicht mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 zu bewerten nach Vorgabe der VG in Teil D, Nr. 1 d Satz 1. Auch besondere sich auf das Gehvermögen auswirkende Behinderungen der unteren Gliedmaßen mit einem GdB von 40 nach den VG, Teil D, Nr. 1 d Satz 2 lägen nicht vor. Erhebliches Übergewicht könne zwar grundsätzlich als Faktor bei der Beurteilung Berücksichtigung finden, der Adipositas II. Grades des Klägers sei aber bei nur leichtgradigen orthopädisch bedingten Bewegungseinschränkungen keine derart verstärkende Wirkung der Beeinträchtigung des Gehvermögens beizumessen, die die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ rechtfertigt.