BRAK , Mitteilung vom 22.08.2019 zum Urteil des OLG Naumburg 12 U 59/18 vom 14.11.2018
Das EGVP-System sieht vor, dass einer Nachricht grundsätzlich die „Visitenkarte“ des Senders beigefügt wird. Letztlich handelt es sich dabei um einen Auszug aus dem EGVP-Verzeichnis, das bei Anwälten wiederum Teil des Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnisses ist. Zuständig für die Eintragungen in diesem Gesamtverzeichnis sind die Rechtsanwaltskammern. Die Visitenkarte soll letztlich eine Zuordnung des Absenders erleichtern und weitere Kommunikationsdaten bereitstellen.
Aber was passiert, wenn sich Abweichungen zwischen den Angaben in dem elektronischen Dokument oder auch dem beigefügten Zertifikat und den Daten in der beA-Nachricht, speziell in der Visitenkarte, ergeben? Das OLG Naumburg hatte in diesem Zusammenhang einen vergleichsweise einfach gelagerten Fall zu entscheiden, der allerdings in Zukunft schwierigere Probleme vermuten lässt (Urt. v. 14.11.2018, Az. 12 U 59/18).
Eine Klägerin ließ eine Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil einlegen. Dazu fügte die beauftragte Rechtsanwältin M ihr (wohl qualifiziert elektronisches) Zertifikat dem elektronischen Schriftsatz bei und übermittelte diesen über EGVP an das Gericht. Aus dem Prüfungsprotokoll ergab sich die Gültigkeit der Signatur. Allerdings wies die erwähnte Visitenkarte als Kanzlei „Rechtsanwälte G., Sch., Z. & Koll.“ aus. Aus dem Prüfbericht zu einem Zertifikat, das in den Urteilsgründen leider nicht näher spezifiziert wird, ergab sich als Kanzleiname „Rechtsanwälte B., Sch., Z. & Kollegen“. Die gegnerische Partei war nun der Auffassung, dieser Widerspruch führe zur Unwirksamkeit des Schriftsatzes.
Das OLG Naumburg hingegen ging von der Wirksamkeit des Schriftsatzes aus. Es komme nicht darauf an, von welcher technischen Einrichtung aus ein Schriftsatz an das Gericht gesandt werde. Vielmehr sei allein maßgeblich, dass der formbedürftige Schriftsatz mit der laut Prüfprotokoll gültigen Signatur der die Klägerin vertretenden Rechtsanwältin M. übermittelt worden sei. Gehe eine Berufungsschrift bzw. eine Berufungsbegründungsschrift im elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach bei Gericht ein, sei es für die Wahrung der Frist ohne Belang, dass die Angaben zur Rechtsanwaltskanzlei in Visitenkarte und Zertifikat laut Prüfunterlagen nicht identisch seien.
Der Entscheidung dürfte dahingehend zuzustimmen sein, dass nach § 130a III Alt. 1 ZPO (allein) durch das Anbringen einer gültigen qualifizierten elektronischen Signatur die prozessuale Form gewahrt werden kann. Weitergehende Aussagen erscheinen allerdings bedenklich, so beispielsweise, dass es entgegen § 4 I ERVV nicht maßgeblich sein solle, von welcher technischen Einrichtung aus ein Schriftsatz an das Gericht gesandt werde. Unklar bleibt in der Entscheidung zudem, welches Zertifikat die widersprüchlichen Angaben enthalten haben soll. So ist z. B. im Zertifikat einer beA-Karte Signatur der Kanzleiname schon gar nicht vermerkt. Vermutlich wurde auch nicht beA genutzt. Denn dort erscheint der Kanzleiname nicht in der Visitenkarte.