EU-Recht - 19. Oktober 2022

Arbeitsprogramm 2023 der Kommission: 43 neue politische Initiativen

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 18.10.2022

Unter dem Eindruck der aktuellen Krisen und mit Blick auf den nötigen ökologischen und digitalen Wandel hat die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm für das kommende Jahr angenommen. Es geht darum, Menschen und Unternehmen zu unterstützen und die Union widerstandsfähiger zu machen.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, verwies auf die barbarische russische Invasion der Ukraine und die zahlreichen Krisen, mit denen wir deshalb konfrontiert wurden. „Im Jahr 2023 werden wir eine ehrgeizige Agenda für die Bürgerinnen und Bürger umsetzen. Wir werden gegen die hohen Energiepreise vorgehen, um die Belastungen für Familien und Unternehmen in ganz Europa zu verringern, und gleichzeitig unseren grünen Wandel beschleunigen. Wir werden in der EU und in der ganzen Welt die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit verteidigen.“

Šefčovič: Strategische Autonomie der EU stärken

Der Vizepräsident für interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau, Maroš Šefčovič, sagte, mit dem Arbeitsprogramm wolle die Kommission die Herausforderungen unserer Zeit wie die Energiekrise meistern. „Das spiegelt sich auch in unserer Zusage wider, EU-Maßnahmen vorzuschlagen, mit denen die strategische Autonomie Europas in Bezug auf kritische Rohstoffe gestärkt wird. Ohne diese Autonomie gibt es einfach keinen ökologischen und keinen digitalen Wandel. Als Vorsitzender der Gruppe „Gesundheit“ bin ich auch stolz darauf, dass die Schlussfolgerungen der Konferenz zur Zukunft Europas in viele unserer Initiativen eingeflossen sind und dass das Engagement der Bürgerinnen und Bürger somit weiterhin Teil unserer Politikgestaltung sein wird. Ich wünsche mir, dass das Europäische Parlament und der Rat nun rasch zu einer Einigung über die zentralen Legislativvorschläge gelangen, damit wir unseren Bürgerinnen und Bürgern und unseren Unternehmen in diesen herausfordernden Zeiten konkrete Ergebnisse liefern können.“

Das Arbeitsprogramm der Kommission enthält 43 neue politische Initiativen zu allen sechs übergreifenden Zielen der politischen Leitlinien von Kommissionspräsidentin von der Leyen, es baut auf ihrer Rede zur Lage der Union von 2022 und auf ihrer Absichtserklärung auf und schließt an die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas an. Die neue Generation von Bürgerforen – zu den Themen Lebensmittelverschwendung, Lernmobilität und virtuelle Welten – wird in die Politikgestaltung eingebunden.

Umsetzung von sechs übergreifenden Zielen:

Europäischer Grüner Deal

Anfang 2023 wird die Kommission unter anderem eine umfassende Reform des EU-Strommarkts vorschlagen, die auch ein Entkoppeln der Strom- und der Gaspreise einschließen wird. Um den raschen Ausbau unserer grünen Wasserstoffwirtschaft zu unterstützen, wird die Kommission die Gründung einer neuen Europäischen Wasserstoffbank vorschlagen, die 3 Milliarden Euro in Maßnahmen zur Ankurbelung eines Wasserstoffmarkts in der EU investieren wird. Weitere Themen: Reduzierung von Abfällen und deren Auswirkungen auf die Umwelt und eine Überarbeitung der EU-Tierschutzvorschriften.

Ein Europa für das digitale Zeitalter

Die Kommission wird EU-Maßnahmen vorschlagen, die als Basis für die digitale und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Europas einen angemessenen und diversifizierten Zugang zu kritischen Rohstoffen sichern sollen. Zum 30-jährigen Bestehens des Binnenmarktes werden wir dessen große Vorteile herausstellen, dabei aber auch bestehende Umsetzungslücken aufzeigen und angehen. Der Verwaltungsaufwand der KMU soll durch eine Überarbeitung der Zahlungsverzugsvorschriften verringert werden. Weitere Themen: Unterstützung von Unternehmen durch digitale Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht für vereinfachte Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Ein Vorschlag für einen gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraum und ein EU-Rechtsrahmen für Hyperloop als Vorbereitung auf neue Mobilitätslösungen.

Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen

Hier fließen Beiträge der Konferenz zur Zukunft Europas ein. Die Kommission wird unsere wirtschaftspolitische Steuerung überprüfen. Zur Stärkung des Haushalts der Union wird es eine Halbzeitüberprüfung des EU-Haushalts für 2021-2027 geben und einen Vorschlag für einen zweiten Korb neuer Eigenmittel (aufbauend auf dem Vorschlag für ein einheitliches Regelwerk für die Unternehmensbesteuerung in Europa). Weitere Themen: Ein Vorschlag mit Grundsätzen für den digitalen Euro und eine Aktualisierung des Qualitätsrahmens für Praktika – mit Blick auf eine gerechte Entlohnung, Zugang zu sozialem Schutz und eine gestärkte soziale Resilienz Europas.

Dieses Arbeitsprogramm wurde in einer Zeit großer wirtschaftlicher Unsicherheit festgelegt. Daher sind wir bereit, nach dem Winter eine Neubewertung vorzunehmen, insbesondere hinsichtlich der Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen können.

Ein stärkeres Europa in der Welt

Die grausame Realität des Krieges bestätigt die Notwendigkeit, die Anstrengungen der EU im Bereich Sicherheit und Verteidigung zu verstärken. Dazu gehört eine Weltraumstrategie der EU für Sicherheit und Verteidigung, eine neue EU-Strategie für maritime Sicherheit vorstellen und eine Ergänzung unseres Sanktionsinstrumentariums um das Thema Korruption. Neue Impulse für unsere Beziehungen zu Lateinamerika und der Karibik soll es geben, die Zusammenarbeit mit den Bewerberländern des westlichen Balkans sowie mit der Ukraine, Moldau und Georgien im Hinblick auf ihren künftigen Beitritt zur Union fortgesetzt werden.

Förderung unserer europäischen Lebensweise

Nur 15 Prozent aller jungen Menschen haben ein Studium, eine Ausbildung oder ein Praktikum in einem anderen EU-Land absolviert. Eine Aktualisierung des EU-Rahmens für die Lernmobilität soll den Wechsel zwischen den Bildungssystemen erleichtern. 2023 ist das Europäische Jahr der Aus- und Weiterbildung. Dazu passendplanen wirVorschlägen, wie wir durch die Anerkennung der Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen hochqualifizierte Fachkräfte gewinnen können. Eine Initiative für eine neue Akademie für Cybersicherheitskompetenzen soll diese strategisch sehr wichtige Kompetenz stärken. Im Hinblick auf einen widerstandsfähigen und sicheren Schengen-Raum ohne Grenzen werden wir Rechtsvorschriften über die Digitalisierung von EU-Reisedokumenten und die Erleichterung von Reisen vorschlagen.

Eine zentrale Initiative der Konferenz zur Zukunft Europas betraf die Europäische Gesundheitsunion. Ein umfassender Ansatz zum Thema geistige Gesundheit soll sie weiterentwickeln. Dazu kommt eine überarbeitete Empfehlung zu rauchfreien Umgebungen und eine neue Empfehlung zu Krebsarten, die sich durch Impfung verhüten lassen.

Neuer Schwung für die Demokratie in Europa

Demokratie ist das Fundament unserer Union. Im Jahr 2023 wird die Kommission ein Paket zur Verteidigung der Demokratie vorlegen, das auch eine Initiative zum Schutz des demokratischen Raums der EU vor externen Interessen umfassen wird. Weitere Pläne: Ein EU-Behindertenausweis, der die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in allen Mitgliedstaaten sicherstellt. Lücken schließen beim Rechtsschutz gegen Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft. Weitere Möglichkeiten nutzen, um den Verwaltungsaufwand zu vereinfachen, zu verringern und nachhaltiger zu gestalten – im Einklang mit unseren Grundsätzen für eine bessere Rechtsetzung. Eingebunden wird einehochrangige Gruppe von Interessenvertretern.

Nächste Schritte

Die Kommission wird Gespräche mit dem Parlament und dem Rat aufnehmen, um eine Liste gemeinsamer gesetzgeberischer Prioritäten zu erstellen, zu denen nach Ansicht der gesetzgebenden Organe rasch Maßnahmen eingeleitet werden sollen. Die Kommission wird weiterhin mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und sie weiter dabei unterstützen, die Umsetzung der neuen und bestehenden politischen Strategien und Vorschriften der EU sicherzustellen, und sie wird nicht zögern, das EU-Recht bei Bedarf im Wege von Vertragsverletzungsverfahren durchzusetzen.

Quelle: EU-Kommission