LSG Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 23.03.2020 zum Urteil L 9 AL 6/18 vom 20.02.2020
Ein Anspruch scheitert nicht daran, dass ein auf bis zu zehn Wochen befristeter Vertrag – für das Filmgeschäft gerade notwendige – Verlängerungsklauseln enthält und von diesen Gebrauch gemacht wird. Dies hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) in seinem Urteil vom 20.02.2020 entschieden (Az. L 9 AL 6/18).
Die Klägerin arbeitet als Kostümbild-Assistentin und Garderobiere für Filmgesellschaften. In den letzten zwei Jahren vor Antragstellung 2014 war sie an insgesamt 190 Kalendertagen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Nach einem Anstellungsvertrag sollte die Laufzeit „voraussichtlich“ zwei Monate umfassen, der Produzent allerdings berechtigt sein, Vertrags- und Drehzeitbeginn aufzuschieben sowie die Vertragsdauer aus produktionsbetrieblichen Gründen zu verlängern. Ein weiterer Vertrag sah die Verlängerung der Laufzeit durch Zeitkontenregelungen vor. In beiden Fällen dauerte die Beschäftigung über zehn Wochen.
Die beklagte Bundesagentur für Arbeit lehnte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Die Klägerin erfülle auch die verkürzte Anwartschaftszeit von sechs Monaten nicht. An weniger als 180 Kalendertagen habe sie in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gestanden, die auf nicht mehr als zehn Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag befristet gewesen seien. Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht Köln blieben ohne Erfolg.
Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG nun den Anspruch zuerkannt. Auch den beanstandeten Arbeitsverträgen lasse sich hier bei vorausschauender Betrachtung entnehmen, dass die Beschäftigung zu Beginn auf eine lediglich kurze Beschäftigung i. S. v. § 142 Abs. 2 SGB III gerichtet gewesen sei. Die eingetretene Überschreitung sei als szenetypisch anzusehen. Aus wirtschaftlichen Gründen werde keine Filmgesellschaft Verträge länger als nötig abschließen, allerdings liege es in der Natur der Sache, dass Produktionen nicht immer den vorgesehenen, straffen Zeitplan einhielten. Eben dies bildeten die Verträge ab. Wenn es der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung in § 142 Abs. 2 SGB III (i. d. F. v. 10.12.2014) gerade Kunstschaffenden in ihrer besonderen Arbeitswelt habe erleichtern wollen, Arbeitslosengeld zu beziehen, dann müsse auch deren Besonderheiten Rechnung getragen werden, indem die Verträge Öffnungsklauseln der vorliegenden Art enthalten dürften.
Das LSG hat die Revision zugelassen.